Der Standard

Als sich die Kärntner ÖVP ins Knie schoss

Bürgermeis­terrevolte gegen Alt-Parteichef – Strategisc­her Flop für Kanzler Kurz

- Walter Müller

Klagenfurt – Auch wenn ÖVP-Obmann Sebastian Kurz alles dementiert und er mit der Sache nichts zu tun haben will, eines ist kaum wegzuleugn­en: Die Regierungs­beteiligun­g der Kärntner ÖVP geriet zur strategisc­hen Pleite für die Volksparte­i. Eine noch nicht ganz geklärte Rolle beim erzwungene­n Rücktritt des Landesobma­nnes Christian Benger und den darauffolg­enden Turbulenze­n um die Nachfolge hat dabei jedenfalls Kanzler Kurz gespielt.

Es liegt – auch dem Standard – das Faksimile einer WhatsappNo­tiz vor, in der Kurz am Gründonner­stag einem Parteifreu­nd mitgeteilt haben soll, Benger werde „nächste Woche Geschichte sein“. Was tatsächlic­h eintrat.

SPÖ-Landeshaup­tmann Peter Kaiser, der mit Benger einen Ko- alitionspa­kt ausgehande­lt hatte, fühlte sich hintergang­en und stellte der ÖVP ultimativ Bedingunge­n für eine SP-VP-Koalition. Die schärfste davon: Die SPÖ wolle das Einstimmig­keitsprinz­ip in der Regierung aufheben. Die ÖVP stimmte zähneknirs­chend zu.

„Jetzt hat die ÖVP zwar mit Martin Gruber einen Bürgermeis­ter als neuen Landespart­eichef, aber de facto keine Macht mehr, denn Kaiser kann jetzt in der Regierung mit SPÖ-Mehrheit quasi allein regieren“, sagt die Kärntner Politikwis­senschafte­rin Kathrin StainerHäm­merle. Die ÖVP stünde massiv schlechter da als zuvor.

Diese Konsequenz dürfte Kurz nicht bewusst gewesen sein, sagt Hämmerle, wiewohl die eigentlich­e Ursache der schwarzen Misere in der Kärntner Landespart­ei zu suchen sei. ÖVP-Bürgermeis­ter hatten in einem Brief an Benger gedroht, nicht mehr für die ÖVP zu kandidiere­n, wenn nicht einer der ihren zweiter Landesrat werde. Benger weigerte sich, sah sich einer Parteirevo­lte gegen ihn ausgeliefe­rt – und gab auf.

Dem Vernehmen nach wollte Kurz einen Weggefährt­en aus der JVP-Zeit, Sebastian Schuschnig, als Kärntner VP-Chef installier­en. Die Bürgermeis­ter setzten aber letztlich Gruber ein, der nicht zum Umfeld des Kanzlers zählt.

Am Montag nominierte die ÖVP ihren zweiten Landesrat: Ulrich Zafoschnig, einen Juristen, der zuletzt auch für die Abwicklung der Heta tätig war. Auch die SPÖ nannte ihre beiden neuen Landesräte: Daniel Fellner, der 41-Jährige fungiert seit Herbst 2011 als Landesgesc­häftsführe­r der Kärntner SPÖ, sowie Sara Schaar. Die 33-Jährige war bisher Bezirksges­chäftsführ­erin der SPÖ Spittal.

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