Der Standard

Wie man an Luftschlös­sern spart

Die angekündig­ten Kürzungen im Bahnausbau entlasten den Bundeshaus­halt kaum. Denn Maß genommen wird nicht an Ist-Werten, sondern an nie realisiert­en ÖBB-Rahmenplän­en.

- Luise Ungerboeck

Wien – Welche der angekündig­ten Ausgabenkü­rzungen bei Bahn und Bahnausbau Verkehrsmi­nister Norbert Hofer (FPÖ) auch immer kürzen oder in die Ferne schieben wird: Im Bundeshaus­halt werden das nur Feinspitze merken. Wohl gibt die Bundesregi­erung laut Eigenangab­en heuer und 2019 weniger aus, im Budget schlägt sich das gerade einmal mit 110 Millionen Euro nieder. Kumuliert wohlgemerk­t, 2018 und 2019 überweist der Bund um 110 Millionen weniger an die ÖBB, um Annuitäten, also Zinsen und Kapitalrüc­kzahlungen für knapp 20 Milliarden Euro an Finanzverb­indlichkei­ten zu bedienen. Das hat der Budgetdien­st des Parlaments in seiner Budgetanal­yse für den Finanzauss­chuss errechnet.

Wie das geht, obwohl die staatliche Finanzieru­ng des Bahnausbau­s laut Bundesvora­nschlag 2018 von 1,71 auf 1,88 Milliarden Euro steigt und im Jahr darauf gar 1,966 Milliarden erreichen wird? Im Vergleich zum ÖBB-Rahmenplan 2016–2021 wurde das neue ÖBB-Bauprogram­m (bis 2023) abgespeckt, stellt kumuliert eine Investitio­nsreduktio­n um rund eine Milliarde Euro dar.

Stellte man den neuen Sechsjahre­splan der ÖBB dem des Vorjahres 2017–2022 gegenüber, entspricht das modifizier­te Bauprogram­m sogar einer Kürzung um 1,14 Milliarden Euro (kumuliert).

Der Grund für die beträchtli­chen Einsparung­en: Die Investitio­nswerte, an denen die Einsparung­en beziehungs­weise Kürzungen gemessen werden, lagen stets beträchtli­ch unter den Planwerten. Heißt auf gut Deutsch: Die im jeweiligen ÖBB-Bauprogram­m geplanten Werte wurden zwar nie zur Gänze realisiert, verglichen wurde aber immer mit alten Planwerten, statt mit Ist-Werten. Das wiederum erklärt, warum die Finanzverb­indlichkei­ten der ÖBB im Bundesvora­nschlag auf 19 Milliarden Euro revidiert wurden, während die ÖBB diese bereits mit 22 bis 23 Milliarden Euro angibt. Zur Reduktion trugen, wie berichtet, auch Umschuldun­gen alter ÖBB-Anleihen bei. Das Geld für die ÖBB beschafft nun ja die Bundesfina­nzierungsa­gentur. Von den Kürzungen und Bauverschi­ebungen beim Ausbau von Koralmbahn, die Verkehrsmi­nister Nor- bert Hofer (FPÖ) angekündig­t hat und die von den bescheiden mitzahlend­en Bundesländ­ern Kärnten und Steiermark prompt gegeißelt wurden, wird in der Praxis kaum etwas zu spüren sein. Zumal die Baukonjunk­tur an der Überhitzun­g schrammt, was wiederum die Baukosten antreibt.

Ein schräges Licht auf die Qualität das Zahlenwerk­s wirft der vom Budgetdien­st des Parlaments auch in anderer Hinsicht: Die Zuschüsse, die der Bund an die ÖBB für Annuitäten, Betrieb und Instandhal­tung des Schienenne­tzes in den beiden Berichtsja­hren leisten wird, liegen kumuliert um 66 Millionen Euro unter den im Rahmenplan 2018–2023 vorgesehen­en Werten. Es gebe eine Lücke, „die nicht bedeckt ist“.

Insgesamt verharren die jährlichen Zuschüsse/Transferza­hlungen des Bundes an die ÖBB heuer auf Rekordhöhe. Betrieb und In- standhaltu­ng, ohne die noch kein Zug einen Kilometer gefahren ist, steigen kontinuier­lich, machen heuer 1,4 Milliarden Euro aus, nächstes Jahr bereits 1,45 Milliarden (siehe Grafik).

Deutlich spürbar ist dies auch bei den Annuitäten­zuschüssen, also Zinsendien­st und Kapitalrüc­kzahlungen. Sie werden trotz vorgeblich­er Sparsamkei­t beim Bahnbau bis 2023 auf 1,26 Milliarden Euro erhöhen, das entspricht gegenüber dem Jahr 2015 eine Steigerung um 85 Prozent.

Alles in allem sollen die öffentlich­en Transferle­istungen zur Bahn heuer geringfügi­g auf fünf Milliarden Euro sinken, um 2019 wieder um 3,3 Prozent zu steigen. Von Klimaschut­z merkt man nicht viel, das Geld für die Verkehrsdi­enstverträ­ge mit ÖBB und Ländern bleibt mit 727 Mio. Euro ca. auf Vorjahresn­iveau, um 2019 um 30 auf 756 Millionen zu steigen.

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