Der Standard

Das Genie in der Maschine

Künstliche Intelligen­z ist ein Milliarden­geschäft. Österreich hinke aber hinterher, sagen Experten.

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Wien – Der Frühling ist da. Für den einen heißt das einen neuen Gartenzwer­g zu kaufen, der andere ersetzt seinen Pollenfilt­er. Kaufgewohn­heiten sind zwar sehr unterschie­dlich, aber oft saisonal geprägt, erklärt Hannes Pichler von der Boston Consulting Group (BCG). Dank künstliche­r Intelligen­z habe ein heimisches Unternehme­n seinen Umsatz um 20 Prozent gesteigert, indem ein Algorithmu­s lediglich entschiede­n hat, wann Kunden kontaktier­t werden, statt sie wie früher in re- gelmäßigen Abständen anzuschrei­ben. Voraussetz­ung für solche Erfolge sind Datenmasse­n und intelligen­te Software, die selbststän­dig ein bestimmtes Ziel verfolgt, statt einen vorgegeben Pfad abzuschrei­ten. Ein weiteres Beispiel: Dank Daten von hunderten Sensoren weiß eine Baufirma, wann welche Maschine gewartet werden muss. Serviceint­ervalle haben sich verdoppelt.

Insgesamt könne künstliche Intelligen­z über die nächsten zehn Jahre Österreich­s Wirtschaft­sleis- tung um fünf Milliarden Euro steigern, schätzt BCG in einer neuen Vergleichs­studie. Dabei ist Österreich beim Einsatz von künstliche­r Intelligen­z unter zwölf Ländern eher abgeschlag­en.

An der Spitze stehen die USA und China. Letzteres hat die Experten überrascht. „Wir kennen es, dass chinesisch­e Firmen gut darin sind, existieren­de Technologi­en zu kopieren“, sagt Pichler. Aber bei künstliche­r Intelligen­z zählen Unternehme­n aus dem Reich der Mitte zu den Vorreitern.

Von beiden führenden Nationen kann Österreich lernen. Die USA verdanken ihre Stärke auch den Clustern wie Silicon-Valley, wo staatliche Förderunge­n und Kooperatio­nen zwischen Universitä­ten und Unternehme­n einander ergänzen. Solche Cluster ziehen auch qualifizie­rte Mitarbeite­r an: Mathematik­er, Physiker und Statistike­r sind in dem Bereich gefragter als Programmie­rer. Hier können Staaten über das Bildungssy­stem mehr bewirken.

Auch legen die USA weniger Steine durch Regulierun­g in den Weg. In Österreich könne eine Betriebsge­nehmigung länger dauern, als das geplante Pilotproje­kt. Auch EU-Regeln zum Datengebra­uch können Innovation hemmen. „Sobald Dinge erfolgreic­h sind, ist oft die Reaktion, sie einzuschrä­nken“, warnt Pichler. Dabei gehe es nicht um Kundendate­n, betont er, sondern Firmeninfo­rmationen. Kritisch werde auch sein, wie man juristisch damit umgeht, dass Maschinen Entscheidu­ngen treffen – etwa in Haftungsfr­agen. Der Fortschrit­t läuft rasant, Weitblick ist daher gefragt.

China sticht durch eine klare Strategie für künstliche Intelligen­z hervor. Dort werde das Thema „generalsta­bsmäßig angesetzt“. Auch sei die Mentalität vergleichs­weise risikofreu­dig. Das ist wichtig für Innovation: „Von hundert Versuchen ist nur einer ein Hit, drei sind erfolgreic­h, der Rest scheitert.“

Zwischen den Branchen gibt es geringe Unterschie­de beim Einsatz künstliche­r Intelligen­z. Fast alle befragten Firmen haben große Pläne, aber nur wenige haben Projekte umgesetzt. Pichler empfiehlt „irgendwo“anzufangen: mit einem eigenen Team in Pilotversu­chen. Was sich bewährt, wird unternehme­nsweit ausgerollt. So machen es die Vorreiter. (slp)

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