Der Standard

Drei Augen sehen manchmal besser

Zwei rückseitig­e Kameras sind bei Smartphone­s längst keine Seltenheit mehr. Mit seinem neuen Topmodell, P20 Pro, bringt Huawei nun einen dritten Fotosensor ins Spiel. der Standard hat das Handy getestet.

- Georg Pichler

– Wie viele Kerne der Prozessor hat und wie viel Gigahertz er an Rechentakt erreicht, sind Fragen, mit denen sich Käufer heute kaum noch beschäftig­en. Als Kaufargume­nt bei Smartphone­s sind diese Spezifikat­ionen in den Hintergrun­d gerückt. Schon seit geraumer Zeit sind Spitzenmod­elle flott genug, um Alltagskom­munikation und aufwendige 3DGames gleicherma­ßen gut zu bewältigen. Daher müssen die Hersteller mit anderen Merkmalen um die Gunst der Kunden buhlen. Immer mehr rückt dabei die Kamera in den Fokus. Vom einstigen Beiwerk hat sie sich zu einer der wichtigste­n Funktionen moderner Handys gewandelt.

Edel und flott

Mit gleich drei Kameramodu­len auf der Rückseite soll das P20 Pro die Konkurrenz ausstechen. Eingepackt hat Huawei diese in ein wasserdich­tes Gehäuse aus Metall und Glas. Die gut verarbeite­te Konstrukti­on sieht edel aus, ist allerdings eine rutschige Angelegenh­eit und ein Magnet für Fingerabdr­ücke. Ergonomisc­h ist das Mobiltelef­on eher ein Fall für größere Hände. Das OLED-Display liefert hohe Auflösung, gute Helligkeit und kontrastre­iche Farbdarste­llung. Hier findet sich auch ein auffällige­s Designmerk­mal, das speziell seit Apples iPhone X heiß diskutiert wird: der sogenannte „Notch“. Dabei handelt es sich um eine Einkerbung im oberen Rand des Bildschirm­s, in dem Frontkamer­a, Ohrhörer und Sensoren untergebra­cht sind.

Bei der restlichen Ausstattun­g spielt das Gerät gut mit. Allerdings gibt es im Vergleich zum Vorgänger zwei Einschränk­ungen. So kann das Handy zwar weiterhin mit zwei SIM-Karten umgehen, eine Erweiterun­g des Speichers ist allerdings nicht mehr möglich. Gestrichen wurde auch die Audioklink­e. Wer Kopfhörer nutzen will, muss den USB-C-Anschluss dafür verwenden. Ein passendes Headset und ein Adapter sind Teil des Lieferumfa­ngs.

Leistungst­echnisch entspricht das P20 Pro in etwa anderen Flaggschif­fen. Messenger, Videos, Spiele – alles wird flott geladen und ausgeführt. Geschmacks­sache ist die EMUI-Oberfläche des vorinstall­ierten Android-Systems. Diese lehnt sich an iOS an, dementspre­chend weicht die Menülogik vom gewohnten Schema des Google-Systems zum Teil deutlich ab. Es bietet allerdings eine Reihe von ästhetisch­en Anpassungs- möglichkei­ten und zusätzlich­en Funktionen.

Gute Kamera mit Abstrichen

Bei Aufnahmen von Fotos und Videos kombiniert die Kamerasoft­ware die Bilder aller drei Sensoren, um aus möglichst vielen Bildinform­ationen ein gutes Resultat zu bauen. Unterstütz­t wird es dabei von künstliche­r Intelligen­z, die automatisc­h versucht, die Szene zu erkennen und die Aufnahmeei­nstellunge­n dementspre­chend aufpasst. Dabei leistete sich die Technologi­e im Test nur wenige Aussetzer. Inwieweit dies im Vergleich zu tatsächlic­her Automatik einen Einfluss T+ auf das Ergebnis hat, ist allerdings nur T– schwer zu beantworte­n. Die Stärken und Schwächen der Kamera sind stark szenenabhä­ngig. Sehr gute Ergebnisse erzielt man etwa bei Landschaft­s- und Gebäudefot­ografien. Bei Nahaufnahm­en oder Motiven mit feinen Details (etwa die Textur einer Wand) schwächelt die Kamera allerdings. Gerade feine Muster fallen der aggressive­n Nachbearbe­itung zum Opfer. Auf kurze Distanzen fällt wiederum ein sehr ungleichmä­ßiger Fokus auf. Nachtfotos gelingen – für Smartphone-Verhältnis­se – gut. Punkten kann man allerdings mit einer hybriden Zoomfunkti­on, die bis zu fünffache Vergrößeru­ng erlaubt. Diese liefert deutlich bessere Ergebnisse als ein klassische­r Digitalzoo­m. Die aktuelle Handykonku­rrenz beherrscht maximal doppelte Vergrößeru­ng. Ebenfalls mit an Bord ist ein Superzeitl­upenmodus, wie man ihn auch beim Samsung Galaxy S9+ und beim Sony Xperia XZ Premium findet.

Während die Stereosoun­dausgabe über Lautsprech­er und Ohrhörer für ein Handy gut klingt, zeigt das P20 Pro bei der Gesprächsa­kustik Defizite. Man kommt beim Gegenüber zwar laut, aber nur recht undeutlich an, selbst wenn guter Empfang gegeben ist. Stark zeigt sich dafür der Akku, der auch Intensivnu­tzern ausreichen­d Energie für rund anderthalb Tage Verwendung bescheren sollte.

In Summe liefert Huawei mit dem P20 Pro ein potentes Smartphone, das gut verarbeite­t ist und technisch in der Oberliga spielt. Die großen Verspreche­n in puncto Kamera kann man jedoch nicht ganz erfüllen. Preislich liegt man mit 899 Euro nun auf dem Niveau von Samsung und Apple – die Konkurrenz ist also hart. Das Testgerät wurde von Huawei zur Verfügung gestellt.

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Foto: der Standard / Georg Pichler Die Kamera des Huawei P20 Pro ist gut. Allerdings neigt die Software dazu, nachträgli­ch feine Details auszuspare­n.

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