„Mein Job ist wie der eines Fußballtrainers“
Professionelle Computerspieler haben Coaches, die ihnen bei der Entwicklung helfen. Der Wiener Alexander Szymanczyk ist so ein Trainer.
STANDARD: Sie sind Coach beim österreichischen „Counter Strike: Global Offensive“-Nationalteam und bei der deutschen Mannschaft BIG. Wie kann man sich Ihren Job vorstellen? Szymanczyk: Wie den eines Fußballtrainers. Ich helfe den Spielern, sich zu verbessern, und bin mit dem Team-Captain für die Taktiken zuständig. Ich übernehme auch die Analyse des Gegners. Falls meine Spieler private Probleme haben, können sie zu mir kommen, und ich versuche zu helfen. Mein Arbeitstag fängt etwas früher an als der von den Spielern, ich muss mir neue Ideen aus anderen Matches holen und auch das eigene Spiel analysieren, damit sich das Team weiterentwickeln kann. Danach schaue ich beim Training zu. Beim Nationalteam habe ich die Auswahl der Spieler übernommen. Für mich ist es wichtig, die heimische Szene zu fördern.
STANDARD: Sie sind ehemaliger Profispieler. Wie hat zu der Zeit Ihr Alltag ausgesehen? Szymanczyk: Ich habe zu meiner aktiven Zeit als Spieler leider nie vom E-Sport leben können, da ich in meinem österreichischen Team kein Gehalt bekommen habe. Also musste ich nebenbei arbeiten gehen und konnte mein Hobby nur beschränkt ausüben. Dies hat mich nicht davon abgehalten, meinem Traum als Profispieler nachzugehen, weshalb ich nach meiner Arbeit noch vier bis sechs Stunden Counter Strike gespielt habe.
STANDARD: Sie sind als Österreicher zu einem deutschen Team gewechselt, wieso eigentlich? Szymanczyk: In Österreich gibt es keine großen Organisationen, die Gehalt zahlen, und die E-Sport– Infrastruktur ist generell schlecht, um sich weiterentwickeln zu können. Um vom E-Sport leben zu können, muss man einem Team im Ausland beitreten. Ich wurde von einem deutschen Spieler gefragt, ob ich Interesse hätte, BIG zu coachen, und da konnte ich nicht Nein sagen, da es mein erster Profivertrag mit Gehalt war.
STANDARD: E-Sport wird mancherorts belächelt und nicht als Sport gesehen – wie begegnen Sie diesen Leuten? Szymanczyk: Gegenfrage, bevor ich an so ein Gespräch herangehe. Ist für das Gegenüber Sport mit körperlicher Betätigung verbunden? Wenn die Antwort Ja lautet, dann ist E-Sport eine eigene Sparte und muss nicht mit Sport verglichen werden. Wenn dieser Aspekt außen vor gelassen wird, dann ist E-Sport in jeder Hinsicht Sport. So wie zum Beispiel Schach oder Dart. Dort stehen auch eher Geschick, mentale Stärke oder Intelligenz im Vordergrund. Wettkampf, Passion, Athleten, Stadien, Meisterschaften, Me-
dienübertragung, Preisgeld, Fans und Millionen von Zuschauern – all das macht unseren Sport aus, nur ist unser Medium eben der Computer oder die Konsole.
STANDARD: Ab wann kann man vom E-Sport leben? Szymanczyk: Bei CS:GO kommt es auf die Region an, aber ungefähr die 50 besten Teams der Welt können gut davon leben.
STANDARD: Gerade bei „Counter Strike“ist das Reaktionsvermögen unglaublich wichtig, dieses baut im Alter ab. Welche Karrieren haben professionelle Spieler nach ihrer Zeit als E-Sportler? Szymanczyk: Einige bekommen Jobangebote von Firmen, die im E-Sport aktiv sind. Hardwarehersteller oder Eventveranstalter, die das Fachwissen der Spieler brauchen, sind weitere Arbeitgeber. Viele Spieler werden Manager in E-Sport-Organisationen, Kommentatoren oder Streamer und andere wiederum Trainer. Zurzeit ist es schwierig, zu sagen, ob es überhaupt ein Alterslimit für E-Sportler gibt. Einer unserer Spieler ist zum Beispiel schon 30 Jahre alt und kann auf höchstem Niveau mithalten.
STANDARD: E-Sport ist ein männerdominierter Sport, woran liegt das? Szymanczyk: Das ist schwierig zu beantworten. Ich denke, man könnte hier einen Vergleich mit der Formel 1 oder mit dem Fußball ziehen. Warum gibt es dort wenig Frauen? Das Interesse ist einfach nicht da. Auf der anderen Seite denke ich, wenn es ein weibliches Team schaffen würde, sich für ein großes Turnier zu qualifizieren, und sich dort beweisen würde, dass dann mehr Frauen auf den E-Sport aufmerksam und dadurch eher eine Profikarriere anstreben würden.
ALEXANDER SZYMANCZYK (28) ist Coach beim deutschen „Counter Strike: Global Offensive“-Team BIG. Er betreut auch das heimische Nationalteam.