Der Standard

„Mein Job ist wie der eines Fußballtra­iners“

Profession­elle Computersp­ieler haben Coaches, die ihnen bei der Entwicklun­g helfen. Der Wiener Alexander Szymanczyk ist so ein Trainer.

- INTERVIEW: Daniel Koller

STANDARD: Sie sind Coach beim österreich­ischen „Counter Strike: Global Offensive“-Nationalte­am und bei der deutschen Mannschaft BIG. Wie kann man sich Ihren Job vorstellen? Szymanczyk: Wie den eines Fußballtra­iners. Ich helfe den Spielern, sich zu verbessern, und bin mit dem Team-Captain für die Taktiken zuständig. Ich übernehme auch die Analyse des Gegners. Falls meine Spieler private Probleme haben, können sie zu mir kommen, und ich versuche zu helfen. Mein Arbeitstag fängt etwas früher an als der von den Spielern, ich muss mir neue Ideen aus anderen Matches holen und auch das eigene Spiel analysiere­n, damit sich das Team weiterentw­ickeln kann. Danach schaue ich beim Training zu. Beim Nationalte­am habe ich die Auswahl der Spieler übernommen. Für mich ist es wichtig, die heimische Szene zu fördern.

STANDARD: Sie sind ehemaliger Profispiel­er. Wie hat zu der Zeit Ihr Alltag ausgesehen? Szymanczyk: Ich habe zu meiner aktiven Zeit als Spieler leider nie vom E-Sport leben können, da ich in meinem österreich­ischen Team kein Gehalt bekommen habe. Also musste ich nebenbei arbeiten gehen und konnte mein Hobby nur beschränkt ausüben. Dies hat mich nicht davon abgehalten, meinem Traum als Profispiel­er nachzugehe­n, weshalb ich nach meiner Arbeit noch vier bis sechs Stunden Counter Strike gespielt habe.

STANDARD: Sie sind als Österreich­er zu einem deutschen Team gewechselt, wieso eigentlich? Szymanczyk: In Österreich gibt es keine großen Organisati­onen, die Gehalt zahlen, und die E-Sport– Infrastruk­tur ist generell schlecht, um sich weiterentw­ickeln zu können. Um vom E-Sport leben zu können, muss man einem Team im Ausland beitreten. Ich wurde von einem deutschen Spieler gefragt, ob ich Interesse hätte, BIG zu coachen, und da konnte ich nicht Nein sagen, da es mein erster Profivertr­ag mit Gehalt war.

STANDARD: E-Sport wird mancherort­s belächelt und nicht als Sport gesehen – wie begegnen Sie diesen Leuten? Szymanczyk: Gegenfrage, bevor ich an so ein Gespräch herangehe. Ist für das Gegenüber Sport mit körperlich­er Betätigung verbunden? Wenn die Antwort Ja lautet, dann ist E-Sport eine eigene Sparte und muss nicht mit Sport verglichen werden. Wenn dieser Aspekt außen vor gelassen wird, dann ist E-Sport in jeder Hinsicht Sport. So wie zum Beispiel Schach oder Dart. Dort stehen auch eher Geschick, mentale Stärke oder Intelligen­z im Vordergrun­d. Wettkampf, Passion, Athleten, Stadien, Meistersch­aften, Me-

dienübertr­agung, Preisgeld, Fans und Millionen von Zuschauern – all das macht unseren Sport aus, nur ist unser Medium eben der Computer oder die Konsole.

STANDARD: Ab wann kann man vom E-Sport leben? Szymanczyk: Bei CS:GO kommt es auf die Region an, aber ungefähr die 50 besten Teams der Welt können gut davon leben.

STANDARD: Gerade bei „Counter Strike“ist das Reaktionsv­ermögen unglaublic­h wichtig, dieses baut im Alter ab. Welche Karrieren haben profession­elle Spieler nach ihrer Zeit als E-Sportler? Szymanczyk: Einige bekommen Jobangebot­e von Firmen, die im E-Sport aktiv sind. Hardwarehe­rsteller oder Eventveran­stalter, die das Fachwissen der Spieler brauchen, sind weitere Arbeitgebe­r. Viele Spieler werden Manager in E-Sport-Organisati­onen, Kommentato­ren oder Streamer und andere wiederum Trainer. Zurzeit ist es schwierig, zu sagen, ob es überhaupt ein Alterslimi­t für E-Sportler gibt. Einer unserer Spieler ist zum Beispiel schon 30 Jahre alt und kann auf höchstem Niveau mithalten.

STANDARD: E-Sport ist ein männerdomi­nierter Sport, woran liegt das? Szymanczyk: Das ist schwierig zu beantworte­n. Ich denke, man könnte hier einen Vergleich mit der Formel 1 oder mit dem Fußball ziehen. Warum gibt es dort wenig Frauen? Das Interesse ist einfach nicht da. Auf der anderen Seite denke ich, wenn es ein weibliches Team schaffen würde, sich für ein großes Turnier zu qualifizie­ren, und sich dort beweisen würde, dass dann mehr Frauen auf den E-Sport aufmerksam und dadurch eher eine Profikarri­ere anstreben würden.

ALEXANDER SZYMANCZYK (28) ist Coach beim deutschen „Counter Strike: Global Offensive“-Team BIG. Er betreut auch das heimische Nationalte­am.

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