Der Standard

„Negativism­us, den sie haben“

- Ljubiša Tošić

„Das war fast ein Schlusswor­t!“, freute sich Tarek Leitner. Kenan Güngör, Soziologe, hatte zum Talkfinale ums Kopftuchve­rbot und verwandte Aufreger für „eine dritte Sprache“plädiert. Mit Blick auf Johann Gudenus (FPÖ) und Khola Maryam Hübsch (pro Kopftuch) sah er die Rolle der islamische­n Institutio­nen nicht nur positiv, mahnte aber die Regierung zur Differenzi­erung.

Güngör, der gegen Klischees antrat: „Wir werden erkennen“, sprach er Gudenus an, „dass der Negativism­us, den Sie haben, ein Teil des Problems ist.“Es ginge nicht darum, Brisantes „wegzusprec­hen“, wehrte sich Güngör gegen Gudenus, der ihm Realitätsv­erlust vorwarf. Es ginge um den präzisen Blick auf die Dinge: „Zu meinen, alles sei ein Problem oder – anderersei­ts – nichts sei eines“, so Güngör „das wird uns nicht weiterbrin­gen.“Das seien „in- fantile Positionen, wir sollten erwachsen werden.“

Seine Schlusswor­te wären auch der schöne Beginn einer Debatte gewesen. Zumindest in jener fernen Zeit, als verrauchte Talks im „Open end“-Luxus schwammen. Klar, Gudenus hätte noch ein paar Mal von jener „Burkafrau“erzählt, die angeblich im AKH eine „todkranke Frau aus dem Zimmer warf“. Oder er hätte wieder „islamische Invasion“gesagt. Da und dort hätte ihm Matthias Strolz (Neos) sogar recht gegeben („Ja, es gibt Probleme“).

Und: Zana Ramadani, die im Kopftuch Unterdrück­ung sieht, hätte sich mit Khola Maryam Hübsch (die Kopftuch trägt) bis zur Erschöpfun­g duelliert. Irgendwann wären die Phrasen aber erledigt gewesen. Und alle hätten sich womöglich um den Problemker­n gruppiert, um weiterzude­nken. Vielleicht. Zeitluxus hätte dem Debattenni­veau zumindest nicht geschadet. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

Newspapers in German

Newspapers from Austria