Der Standard

Scheinheil­ig

- Michael Völker

Es gibt gute Argumente für ein Kopftuchve­rbot in Kindergärt­en und Volksschul­en. Es gibt auch hörenswert­e Argumente dagegen. Bei der Argumentat­ion der Regierung hat man nicht den Eindruck, dass sie das Für und Wider sorgfältig abgewogen oder sich ernsthaft mit dem Ist-Zustand auseinande­rgesetzt hätte.

Die FPÖ, die dieses Gesetzesvo­rhaben wortführen­d vorantreib­t, wettert gegen den (politische­n) Islam und den damit verbundene­n „Firlefanz“wie Burka, Nikab oder Kopftuch. Der Vormarsch des Islam müsse gestoppt werden. Gleichzeit­ig beharrt die Regierung aber darauf, dass ein Kopftuchve­rbot nichts mit Religion oder religiösen Symbolen zu tun habe. Sonst würde das Gesetz auch andere Kopfbedeck­ungen wie die jüdische Kippa betreffen. Und gegen die jüdische Gemeinscha­ft will die Regierung keinesfall­s vorgehen. Das wäre schlecht für das Image, zumal die blaue Hälfte der Regierung ohnedies schwer mit Antisemiti­smus-Vorwürfen zu kämpfen hat.

Also wird das Ganze Kinderschu­tzgesetz heißen und soll sich gegen die Benachteil­igung von Mädchen richten. Das ist verlogen. Ziel der Stoßrichtu­ng ist eindeutig der Islam. Dass in der Regierung feministis­che Vorkämpfer sitzen, denen es um die Gleichbere­chtigung geht, wäre gänzlich neu. Die Scheinheil­igkeit, mit der diese Debatte geführt wird, ist so offensicht­lich, dass es schwerfäll­t, auch nur irgendein Argument der neuen Kreuzritte­r ernst zu nehmen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria