„Ein Verbot könnte Parallelgesellschaften schaffen“
Das geplante Kopftuchverbot wird auch an den Schulen rege diskutiert, sagt der Wiener Landesschulsprecher Emil Bannani, der dort eher Ablehnung erkennen will.
STANDARD: Sprechen die Schülerinnen und Schüler über das geplante Kopftuchverbot in Kindergärten und Volksschulen? Bannani: Ja, in den Klassen und Pausen wird intensiv darüber debattiert, vor allem in der muslimischen Community. Die Meinungen gehen generell eher gegen ein Verbot. Mir ist aufgefallen, dass man trotz Differenzen, die es in einer Klasse nun einmal gibt, bei solchen Sachen doch zusammenhält, denn es betrifft das unmittelbare Umfeld, wenn eine Schülerin von dem Verbot betroffen ist.
STANDARD: Haben sich Schülerinnen und Schüler oder Eltern wegen des geplanten Verbotes bei Ihnen gemeldet? Bannani: Einige haben sich jetzt aktuell gemeldet und mich gebeten, etwas dagegen zu tun. Aber auch in den letzten Jahren meldeten sich Schülerinnen und Schüler aufgrund von Anfeindungen wegen des Kopftuches, die vonseiten des Lehrkörpers ausgingen – was natürlich nicht heißt, dass viele Lehrende rassistisch sind. Es gab auch bei den Schülerinnen und Schülern „Ausreißer“, die zum Beispiel sagten „ziag das Tiachl aus“. Vielleicht weiß man davon deshalb weniger, weil Anfeindungen untereinander meist verdeckter sind und hinter dem Rücken der Schülerin passieren.
STANDARD: Sie selbst sind gegen ein Verbot? Bannani: Ja, mit so einem Verbot sendet man ein falsches Signal an die Communitys, die sich in Österreich tatsächlich mit großem Engagement integrieren. Bei uns zu Hause gibt es Islam und Christentum, ich bin also mit beiden Religionen und Weltbildern aufgewachsen, deshalb kenne ich auch beide Seiten ganz gut. Ich wäre persönlich auch nicht begeistert, wenn mein Kind im Kindergarten oder in der Volksschule ein Kopftuch tragen würde – anderseits verstehe ich es auch, wenn sie in jungem Alter ihre Eltern nachahmen oder es selbst wollen. Es fehlt noch völlig die Kenntnis darüber, warum sie es wollen. Das muss dringend erhoben werden, bevor man Pauschalisierungen in den Raum wirft.
STANDARD: Inwiefern könnte ein Verbot schaden? Bannani: Eltern, die unbedingt wollen, dass ihre Kinder ein Kopftuch tragen, werden ihre Kinder bei einem Verbot in eine Privatschule stecken. Und dann könnten private Finanziers aus der Türkei oder Saudi-Arabien Ein- fluss nehmen und genau das schaffen, was die Bundesregierung angeblich verhindern will: Parallelgesellschaften. Vor kurzem hat die Bundesregierung noch davon gesprochen, keine Islamkindergärten zu wollen – das ist also ein Widerspruch. Ebenso die 80 Millionen im Bildungstopf für Integration, die auf 40 Millionen gekürzt wurden.
STANDARD: Wie sollte mit religiösen Symbolen an Schulen umgegangen werden? Bannani: Eine Einführung einer „Bildungsanwaltschaft“wäre klug. Ehrenamtliche Vereine und Verbände, die sich mit Antidiskriminierung und problematischen Spannungsfeldern an Schulen befassen, könnten einen solchen Beirat gemeinsam mit dem Bildungsministerium und den Schulpartnern bilden.
EMIL BANNANI (geb. 1996) ist seit Herbst 2017 Wiener Landesschulsprecher. pLangfassung: dieStandard.at