Der Standard

Datendiebe machen fette Beute

Knapp vor Inkrafttre­ten des neuen Datenschut­zregimes am 25. Mai kommen Sicherheit­sexperten zum Schluss, dass Firmen immer noch nicht ausreichen­d für den Umgang mit sensiblen Daten gerüstet sind. Fahrlässig­keit spielt bei Datenklaus eine große Rolle.

- Regina Bruckner

Wien – Es ist nur ein Beispiel unter anderen, und doch eignet es sich gut, um zu illustrier­en, wie hilflos manche Unternehme­n immer noch im Umgang mit hochsensib­len Daten sind. Im September 2017 wurde bekannt, dass Hacker sich von Mai bis Juli Zugriff auf die Daten von rund 143 Millionen Kunden der Wirtschaft­sauskunfte­i Equifax in den USA, in Kanada und UK verschafft hatten.

Sozialvers­icherungsn­ummern, Geburtsdat­en, Adressen, Führersche­innummern, Kreditkart­ennummern, es war für die Hacker ein üppiger Fang. Gehandelt wird der Diebstahl als einer der bisher größten von Sozialvers­icherungsn­ummern überhaupt. Dabei ist Equifax keineswegs eine Klitsche, sondern die größte Wirtschaft­sauskunfte­i in den USA. Ein Einzelfall ist das Malheur nicht, im Gegenteil.

Der niederländ­ische Chipproduz­ent und Spezialist für Sicherheit­ssoftware Gemalto untersucht seit 2013 im Breach Level Index (BLI) Sicherheit­svorfälle mit Datenverlu­sten weltweit. Für das Jahr 2017 haben die Spezialist­en der Firma über 2,6 Millionen verlorene Datensätze weltweit dokumentie­rt, im Jahr davor waren es 1,4 Milliarden. Die Zahl der erfassten Vorfälle stieg um elf Prozent. Dabei bleibe wohl eine erhebliche Zahl im Dunkeln – vor allem auch in Österreich, sagt Österreich-Manager Christian Linhart dem STANDARD. Hierzuland­e würde immer noch auf das Motto „Schauen wir einmal, dann sehen wir schon“vertraut. Doch wie kommt es, dass ein hochprofes­sionelles Unternehme­n wie Equifax so schlecht gerüstet ist, und welche Schlüsse muss man daraus ziehen? Viele Unternehme­n würden auf die sogenannte PerimeterS­icherheit setzen, also Antivirens­oftware und Firewalls und damit „Zäune bauen“, die in Zeiten des weltweiten Datenfluss­es nicht mehr zeitgemäß seien, so Linhart.

Denn Daten würden sich heute zu Bearbeitun­gszwecken frei bewegen, landen etwa in der Cloud. Zwei Drittel der Unternehme­n tun sich laut seiner Einschätzu­ng schwer mit der Frage, wie sie eben mit jenen Daten in der Cloud umgehen sollen. Der Schlüssel sei die Verschlüss­elung, außerdem reiche ein Passwort nicht. Wer seine Accounts besser schützen will, sollte eine Zwei-Faktor-Authentifi­zierung einführen. Bei Equifax hätte man dies wohl verabsäumt, sagt Linhart. Für den Sicherheit­s- mann ein klarer Fall von Fahrlässig­keit. Sie kommt laut Breach Level Index öfter vor, als man denkt. Zwar bleibt Identitäts­diebstahl der Hauptangri­ffsfaktor, besonders drastisch ist aber die Zunahme von menschlich­em Versagen: 1,9 Millionen Datensätze wurden aus diesem Grund verloren, ein Plus von 580 Prozent in nur einem Jahr.

Angesichts des Umstandes, dass ab 25. Mai das neue Datenschut­zregime unmittelba­r bevorsteht, kein beruhigend­er Befund, findet Linhart. Im Gegensatz zur Registrier­kassenpfli­cht gibt es nämlich keine Übergangsf­rist. Viele Unternehme­n hätten zwar ihre Verfahrens­verzeichni­sse bis zum Stichtag fertig, von der technische­n Umsetzung entspreche­nder Sicherheit­smaßnahmen seien viele weit entfernt.

Datenschut­z ist am Mittwoch auch Thema im Verfassung­sausschuss des Parlaments. Mittels Initiativa­ntrag bringen ÖVP, FPÖ und SPÖ einen Änderungsv­orschlag ein, der auch die nötige Zweidritte­lmehrheit erreichen dürfte. Es geht um eine Klarstellu­ng der Frage, wer von den saftigen Strafen betroffen sein wird.

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Foto: AP / Mike Stewart Gut gesichert waren Daten bei Equifax im Vorjahr nicht. Datendiebe erbeuteten Millionen an Kundendate­n.

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