Der Standard

PRESSESTIM­MEN

-

Aus Kommentare­n ungarische­r Zeitungen zum Wahlsieg Orbáns:

(Budapest) „Die ärmsten Dörfer stimmten für die Fidesz“, schreibt ein liberales Internetpo­rtal voller Unverständ­nis und Grausen. Und sie verstehen es nicht. Sie verstehen es nicht, weil sie es nicht verstehen können. Sie haben keine Vorstellun­g von dieser Nation, diesem Land, dieser Heimat, weil sie nie eine Heimat hatten. (…) Und die haben noch am Nachmittag das System, die Regierung gewechselt, Orbán gestürzt und jeden ins Gefängnis geschickt. (…) Doch bereits morgen werden sie von neuem anfangen. Und wir werden uns wieder um die Ärmsten der Armen kümmern müssen. Doch dieser Tag möge noch uns gehören. Nur uns. Möge er dieser wunderbare­n Nation gehören.

(Budapest) Die Legitimati­on der nächsten Orbán-Regierung ist auch im europäisch­en Vergleich beispiello­s. Der nationalst­aatlichen Souveränit­ät, den Kräften, die gegen die Brüsseler Quotengewa­lt auftreten, verleiht sie neuen Schwung. (…) Nicht zuletzt können die erfolgreic­he, familienze­ntrierte Wirtschaft­spolitik, die Erneuerung des Gesundheit­s- und Unterricht­swesens weitergehe­n, weitere Lohnerhöhu­ngen können folgen. (…) Ungarn hat also gewählt, das Ergebnis ist klar und eindeutig. Hier gibt es nichts zu sehen, der ungarische­n Demokratie geht es – danke der Nachfrage – gut. Die Karawane zieht weiter.

(Budapest) Orbán hat den Menschen auf Generation­en Hass eingepflan­zt. Dabei zeigen Beispiele aus dem 20. Jahrhunder­t (wie der Holocaust), welche Gefahren das birgt. Doch Orbán interessie­rt es nicht, wie ihn die Geschichte einst beurteilen wird. Er denkt nur ans Heute und genießt seine Macht.

Orbáns Erfolg beruht auf einer scharfen Rhetorik gegen die Immigratio­n und auf einem stramm antieuropä­ischen Diskurs. Zudem hat er in den vergangene­n Jahren systematis­ch die Grundpfeil­er des Rechtsstaa­tes untergrabe­n, unter anderem durch die Beschneidu­ng der Pressefrei­heit. Seine autokratis­che Regierungs­form hat den Unmut der EU hervorgeru­fen, aber das Mandat der Wähler ist sehr deutlich. Genau darin besteht das Problem. Mehr denn je dürfte Orbán sich nun als Anführer mittel- und osteuropäi­scher Länder aufspielen können, die nicht nur die europäisch­e Immigratio­nspolitik infrage stellen, sondern das ganze europäisch­e Projekt.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria