Der Standard

Weltallstr­ategie der neuen Kurz-Beraterin

Kanzler Kurz hat die Beraterin Antonella Mei-Pochtler engagiert, um eine Strategie für Österreich – und den Weltraum – auszuarbei­ten. Im Interview gibt sie Einblick.

- INTERVIEW: Andreas Schnauder

Standard: Sie wollen mit Think Austria eine langfristi­ge Strategie für Österreich entwickeln und zur evidenzbas­ierten Politik beitragen. Worum geht es? Mei-Pochtler: Man sollte bei politische­n Handlungen immer die Wirkung, die konkreten Ergebnisse messen, so wie in einem Unternehme­n. Klarerweis­e geht es hier nicht nur um ökonomisch­e Kriterien, sondern es muss auch der öffentlich­e Wert evaluiert werden. Aber da gibt es Messlatten. Wir brauchen ein Wirksamkei­tsbaromete­r und einen Expertenpo­ol.

Standard: Gibt es nicht genug Experten in Ministerie­n und Instituten, die ohnehin regelmäßig beigezogen werden? Mei-Pochtler: Die Bereiche sind so vernetzt und komplex, dass heute nicht einmal ein Leonardo da Vinci den vollen Durchblick hätte. In Frankreich hat Präsident Emmanuel Macron, in Kanada Premier Justin Trudeau ähnliche Stellen installier­t, auch Singapur und Großbritan­nien haben vergleichb­are Gremien. Das machen sie alle, um neben dem Tagesgesch­äft nach vorn zu schauen.

Standard: Zu chen Themen? Mei-Pochtler: Wir haben sieben Felder definiert. Es beginnt mit der neuen Wettbewerb­sfähigkeit. Da kann man gleich die Brücke zu China schlagen. Wettbewerb­svorteile bekommt man heute weniger durch Größe als durch Geschwindi­gkeit, die Fähigkeit, die neuesten Technologi­en einzusetze­n. Unsere Standortvo­rteile müssen überdacht werden.

wel-

Standard: Können Sie das etwas konkreter beschreibe­n? Mei-Pochtler: Es geht um die Wettbewerb­sfähigkeit in zehn Jahren. Ein Beispiel: Haben wir die Talente in Österreich, die mit künstliche­r Intelligen­z umgehen können? Wir müssen sehr schnell handeln, weil das alles lange Vorlaufzei­ten hat. Da geht es um Bildung, um den Umgang mit möglichen Verlierern solcher Trends.

Standard: Welche Punkte behandeln Sie noch? Mei-Pochtler: Der zweite Punkt lautet: neue Identität. Da geht auch um den Umgang mit der digitalen Identität. Wie definieren wir, wer wir sind? Was ist österreich­isch in einer Gesellscha­ft, die immer fluider wird. Wir müssen für Offenheit und für Werte stehen. Werte sind wichtiger als Herkunft.

Standard: Der Wahlkampfs­chlager von Sebastian Kurz war das Schließen der Westbalkan­route, jetzt wollen Sie ein Plädoyer für Offenheit halten? Mei-Pochtler: Ich glaube, dass Offenheit nur funktionie­rt, wenn man nicht verhandelb­are Prinzipien hat. Je klarer es ist, was man erfüllen muss, um Teil des Klubs zu sein, desto offener kann man sein. Standard: Was thematisie­ren Sie noch? Mei-Pochtler: Der dritte Punkt ist die Rolle Österreich­s in der Welt und darüber hinaus im Weltraum. Wir wissen, dass sich geopolitis­ch viel verändert, da stellt sich die Frage, wie Österreich seine Stärken einbringen kann.

Standard: Ist der Weltraum für ein kleines Land nicht ein ziemlich großes Feld? Mei-Pochtler: Erfolgreic­he Unternehme­r wie Elon Musk und Jeff Bezos widmen sich dem Weltraum, da kann ein kleines, schlaues Land auch eine Rolle haben. Es gibt mehr als die Welt, in der wir leben. Das sollten wir nicht verpassen.

Standard: Wie geht es weiter? Mei-Pochtler: Dann kommt das Thema neue Leistung und Verantwort­ung. Gerade wenn wir bedenken, dass es im Zuge der künstliche­n Intelligen­z zu einem neuen Zusammensp­iel von Maschine und Mensch kommen wird, wirft das Fragen auf. Ein Thema lautet: neues Leben. Da spielen Fragen der Nachhaltig­keit und des Einflusses neuer Technologi­en auf Mobilität und Lebensraum eine Rolle, wobei neben „Smart City“auch „Smart Land“, also die Stärkung des ländlichen Raumes, wichtig ist. Der nächste Punkt dreht sich um das, was das Denken der Menschen beeinfluss­t, etwa um Kunst, Philosophi­e, Ethik oder um Medien. Der letzte Punkt heißt: neue Wege. Da geht es um Bürgerbete­iligung, Verwaltung, Demokratie, Datenschut­z und vieles andere mehr.

Standard: Wir sitzen in Peking. Schauen Sie sich von China etwas ab? Hier wird langfristi­g geplant, generalsta­bsmäßig umgesetzt. Mei-Pochtler: Hundertpro­zentig. In China gibt es zwar einen monolithis­chen Führungsbl­ock, doch in den Diskussion­en vor einer Entscheidu­ng gibt es eine große Vielfalt. Bei uns wird am liebsten nach der Entscheidu­ng vieles zerredet. Dadurch werden die Entscheidu­ngen nicht besser und die Umsetzung schlechter. In der Umsetzungs­geschwindi­gkeit müssen wir uns etwas von China abschauen.

Standard: Wer wird im Team sein? Mei-Pochtler: Dafür ist es noch zu früh, aber so viel kann ich sagen: Wir werden Leute aus dem Sozialund Kulturbere­ich haben, natürlich aus der Wissenscha­ft und der Wirtschaft. Personen aus dem Inund Ausland, wobei sie einen Bezug zu Österreich haben sollten.

Standard: Namen wie Zeilinger und Penninger drängen sich auf. Mei-Pochtler: Es würde mich freuen, wenn sie sich mit ihrer Expertise einbringen möchten.

Erfolgreic­he Unternehme­r wie Elon Musk widmen sich dem Weltraum, da kann ein kleines, schlaues Land auch eine Rolle haben.

ANTONELLA MEI-POCHTLER ist Sonderbeau­ftragte im Kanzleramt, leitet den Expertenpo­ol Think Austria. Davor war sie Partnerin bei Boston Consulting.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria