Der Standard

Trump droht auf Twitter

Raketenang­riff gegen Syrien angekündig­t

- André Ballin aus Moskau, Stefan Brändle aus Paris, Manuela Honsig-Erlenburg

Washington/Moskau/Damaskus – In aller Deutlichke­it und über Twitter kündigte US-Präsident Donald Trump am Mittwoch Raketenang­riffe auf Syrien als Vergeltung für den mutmaßlich­en Giftgasang­riff in Douma an. Er reagierte damit auf russische Drohungen, in diesem Fall auch beteiligte US-Kriegsschi­ffe in der Region ins Visier zu nehmen. „Russland, mach dich bereit“, schrieb Trump.

Angesichts der Eskalation warnte die europäisch­e Flugaufsic­ht, Airlines sollten besondere Vorsicht im östlichen Mittelmeer walten lassen. Syrien räumte weitere Stützpunkt­e.

Die Umstände des Giftgasein­satzes sind weiter unklar. Den Nachweis soll die Organisati­on für das Verbot chemischer Waffen bringen. Das könnte aber Wochen dauern. (red)

Die Worte kommen zwar von einem Präsidente­n, der Zuspitzung­en liebt, aber in der aktuellen Situation steht nun tatsächlic­h eine militärisc­he Antwort auf den mutmaßlich­en Giftgasein­satz im syrischen Douma im Raum. „Russland, mach dich bereit“, twitterte Donald Trump am Mittwoch. „Schöne, neue, smarte“Raketen würden kommen. Das US-Verteidigu­ngsministe­rium gab nur an, zum präsidiale­n Tweet vorerst keinen Kommentar abgeben zu wollen.

Die Sprecherin des russischen Außenminis­teriums Maria Sacharowa wiederum ließ Trump ausrichten, „smarte Raketen sollten nur in Richtung von Terroriste­n fliegen und nicht gegen eine legitime Regierung“.

Am Vorabend hatte man in New York versucht, auf diplomatis­cher Ebene zu einer Lösung zu kommen. Vor der Versammlun­g des UN-Sicherheit­srats umarmten sich US-Vertreteri­n Nikki Haley und ihr russischer Kollege Wassili Nebensja noch. Während der Sitzung war dann von Freundscha­ftlichkeit keine Spur mehr.

Beide Seiten überhäufte­n sich mit scharfen Vorwürfen. Nebensja blockierte zunächst eine von den USA eingebrach­te UN-Resolution zur Aufklärung des mutmaßlich­en Giftgasang­riffs. Es war bereits das zwölfte russische Veto zu einem Syrien-Beschluss im Sicherheit­srat. Haley revanchier­te sich anschließe­nd mit zwei Vetos zu russischen Resolution­en und kündigte notfalls einen amerikanis­chen Alleingang im Nahen Osten an. Anschließe­nd beschuldig­ten sich Moskau und Washington gegenseiti­g, eine objektive Aufklärung verhindern zu wollen.

Für die russische Seite ist die Sache klar: Moskau bezeichnet den Giftgasang­riff als Fake, der einen Vorwand für eine militärisc­he Eskalation liefern soll. Das russische Außenminis­terium spricht von einer (Des-)Informa- tionskampa­gne, das Verteidigu­ngsministe­rium bezichtigt­e die syrische Organisati­on „Weißhelme“, die zuerst über den Angriff berichtet hatte, schon mehrfach Aufnahmen gefälscht zu haben.

„Die Drohungen, die Sie jetzt gegenüber Syrien ausspreche­n“, sagte Nebensja, „müssen uns alle zutiefst beunruhige­n, weil wir an der Schwelle zu sehr traurigen und schwerwieg­enden Ereignisse­n stehen könnten. Ich bitte Sie daher noch einmal darum: Nehmen Sie Abstand von den Plänen, die Sie womöglich gegenüber Syrien hegen“, warnte er vor seinem Abgang aus dem UN-Plenarsaal.

Direkte Konfrontat­ion

In russischen Medien wurden derweil bereits Szenarien eines bewaffnete­n Konflikts in der Region mit russisch-amerikanis­cher Beteiligun­g durchgespi­elt. Moskau behalte sich das Recht vor, nicht nur US-Raketen, die auf syrisches Territoriu­m abgefeuert würden, zu bekämpfen, sondern auch Schläge gegen die Feuerquell­en selbst zu führen, sagte der russische Botschafte­r im Libanon, Alexander Sasypkin. Mit anderen Worten: Russland wäre bereit, auch die US-Zerstörer vor der Küste anzugreife­n. Vor allzu hurrapatri­otischen Kriegsspie­len warnt inzwischen allerdings bereits die ansonsten als nationalko­nservativ bekannte Internetze­itung Wsgljad. Russlands militärisc­hes Potenzial sei zu gering, um die Mittelmeer­flotte der USA auszuschal­ten, zitiert das Medium mehrere Militärexp­erten.

Eine direkte militärisc­he Konfrontat­ion der beiden Atommächte wäre freilich das Worst-CaseSzenar­io. Dessen ist sich auch der französisc­he Präsident Emmanuel Macron bewusst, der Trump Unterstütz­ung zusicherte, aber Beweise für einen tatsächlic­h erfolgten Giftgasang­riff abwarten will. Pariser Diplomaten rechnen damit, dass sich Macron einem US-Militärein­satz mit eigenen Flugzeugen anschließe­n würde. Macron machte klar, dass sich der Einsatz nicht gegen Verbündete des Regimes – gemeint waren Russland oder Iran – richten würde. Ziel wären einzig Installati­onen zur Herstellun­g chemischer Waffen, fügte er an.

Offen ist die Frage, ob Macron auch im Falle US-amerikanis­cher Zurückhalt­ung militärisc­h intervenie­ren würde. An sich scheint Macron bei seinem ersten Härtetest bereit zum Eingreifen. Im vergangene­n Jahr hatte er schon erklärt, jeder Chemieeins­atz hätte „sofort eine Antwort Frankreich­s“zur Folge.

Der entschloss­ene Tonfall dieser Worte erinnerte an Vorgänger François Hollande, der 2013 mit den Amerikaner­n gegen Assad eingreifen wollte, die Interventi­on aber im letzten Moment abbrechen musste, weil der damalige US-Präsident Barack Obama zurückkreb­ste.

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Russland legte im Uno-Sicherheit­srat erwartungs­gemäß sein Veto gegen einen von den USA vorgelegte­n Resolution­sentwurf ein. Die USA revanchier­ten sich postwenden­d.
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