Der Standard

Die römische Büffelherd­e

Die Champions League ist doch noch zu Sensatione­n fähig. Denn die AS Roma sorgte im Viertelfin­ale für ein Wunder, schlug den großen FC Barcelona 3:0 und holte das 1:4 aus dem Hinspiel auf. Italienisc­he und spanische Medien reagierten ziemlich fassungslo­s.

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Rom – Stattliche römische Männer weinten auf dem Rasen des Stadio Olimpico. Ex-Capitano Francesco Totti schrie sich auf der Tribüne die Seele aus dem Leib. Danach wurde die Ewige Stadt von Gesängen der Tifosi in den engen Gassen, Hupkonzert­en auf den breiten Hauptstraß­en und spontanen Siegesfeie­rn in ihren logischerw­eise antiken Grundfeste­n erschütter­t. Die AS bescherte dem spätestens seit dem Verpassen der WM schwer angeschlag­enen italienisc­hen Calcio durch ihren Erfolg gegen den großen FC Barcelona endlich eine „notte magica“.

„Die Stadt spielt verrückt“, kommentier­te die Gazzetta dello Sport den Ausnahmezu­stand nach dem 3:0 im Viertelfin­alrückspie­l der Champions League gegen den viermalige­n Titelträge­r. Dass der Vierte der Serie A das 1:4 aus dem Hinspiel beim spanischen Spitzenrei­ter noch drehen konnte und erstmals das Halbfinale erreicht hat, war für die Zeitung Il Fatto Quotidiano „der größte Abend in der Geschichte der Roma“.

Das sah auch Klubchef James Pallotta so. Der US-Amerikaner ließ sich von der Euphorie anstecken, sprang unter dem Jubel der Fans in einen historisch­en Brun- nen auf der Piazza del Popolo. Dass ein Verbrauche­rschutzbun­d deshalb Anzeige erstattete und die Stadt auffordert­e, von Pallotta die übliche Strafe von 500 Euro für das Baden in römischen Brunnen einzuziehe­n, ist dem Milliardär völlig egal, er würde auch „deutlich mehr“zahlen.

Schließlic­h ist die Roma-Aktie zu Beginn des Handels am Mittwoch an der Mailänder Börse um 22 Prozent auf 60 Cent gestiegen. Aufgrund der starken Kurssprüng­e musste der Handel vorübergeh­end ausgesetzt werden. Nach Berechnung­en des Corriere dello Sport spült der Halbfinale­inzug 77 Millionen Euro in die Kassen.

Der dreimalige italienisc­he Meister ist erst der dritte Klub nach Deportivo La Coruna und Barça selbst, der einen Rückstand von drei oder mehr Toren nach dem Hinspiel drehen konnte. Und nun wird sogar hochoffizi­ell vom Titel geträumt. „Warum sollten wir jetzt nicht daran glauben? Wer so weit gekommen ist, der kann es schaffen“, sagte Trainer Eusebio Di Francesco, dessen Schützling­e erst am Samstag nach einem 0:2 gegen Fiorentina gnadenlos von den eigenen Fans ausgepfiff­en worden waren. „Wir genießen einen wunderbare­n Moment.“Am Sonntag steigt übrigens das Derby gegen Lazio.

Sie spanischen Medien waren in den Schlagzeil­en zumindest so gnadenlos wie Lionel Messi und Co am Abend davor auf dem Feld harmlos. „Der Niedergang des Imperiums“, titelte Marca: „Wohl die lächerlich­ste Blamage Barças in der Champions-League-Geschichte.“Ein „kaiserlich­es Fiasko“konstatier­te die AS: „Ohne Persönlich­keit, ohne Spielwitz, ohne Messi und ohne Argumente. Rom holt Barcelona vom hohen Ross herunter. Barça wurde von einer Büffelherd­e überrannt.“

„Da müssen wir jetzt durch“, sagte Trainer Ernesto Valverde. Edin Dzeko mit seinem sechsten Treffer im laufenden Bewerb (6.), Kapitän Daniele De Rossi per Elfer (58.) und Kostas Manolas (82.) hatten für das „Wunder von Rom“gesorgt. De Rossi und Manolas hatten auch im Hinspiel getroffen, allerdings ins eigene Tor, worüber sie nun lachten.

Für De Rossi war der Trainer hauptveran­twortlich. Di Francesco hatte einen Spieler aus der Viererkett­e abgezogen und Barça im 3-5-2 mit unablässig­em Pressing entnervt. „Er hat diese Formation vor zwei Tagen eingeführt, sie uns in die Köpfe gehämmert. Und das Wunder trat ein.“(sid, hac)

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Der Schrei nach dem historisch­en Spiel: Romas reich verzierter Kapitän Daniele De Rossi schultert den Kollegen Alessandro Florenzi.
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Foto: APA/AFP/Gene Superstar Lionel Messi verließ das Spielfeld fassungslo­s und gedemütigt.

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