Der Standard

„Facebook und Co sind nur Spitze des Eisbergs“

Fidelity-Experte Adam Lessing erklärt, warum sich Tech-Titel trotz Gegenwinds lohnen

- Bettina Pfluger

Wien – Auch wenn es derzeit gerade Technologi­eaktien sind, die in den vergangene­n Wochen die Leitindize­s der Börsen nach unten gezogen haben, so ist die Geschichte dieses Sektors noch lange nicht vorbei. Denn die großen fünf – Facebook, Amazon, Apple, Netflix, Google – sind laut Adam Lessing, Fidelity-Chef von Zentral- und Osteuropa, „nur die Spitze des Eisbergs“. Darunter tummeln sich viele Unternehme­n, die abseits der Skandale um Datenklau oder um Fragen zu rechtliche­n Regulatori­en ihre Geschäfte machen.

Akamai Technologi­es nennt Lessing als ein Beispiel. Das USUnterneh­men ist im Content Delivery Network (CDN) tätig und gilt als weltweit größter Anbieter für die Auslieferu­ng und Beschleuni­gung von Online-Anwendunge­n und -inhalten. Dabei koordinier­t und optimiert Akamai etwa die Lastvertei­lung von Webinhalte­n. Dieser Prozess läuft für User beim Surfen im Internet unsichtbar im Hintergrun­d ab. Akamai arbeitet mit mehr als 216.000 Servern in 120 Ländern.

Auch als Plattform für die Bereitstel­lung von Cloud-Speicherpl­atz hat sich das Unternehme­n ein renommiert­es Standbein aufgebaut. Laut eigenen Angaben werden jährlich 95 Exabyte auf Milliarden von Geräten übertragen. Damit sind die Daten auf

Qjedem Gerät an jedem Ort und zu jeder Zeit verfügbar. „Streaming und downloadba­rer Content wird für Unternehme­n und Anwender immer bedeutende­r“, sagt Lessing. Die große Nachfrage nach diesen Services sorgt für Umsatzstei­gerungen von 15 bis 20 Prozent und steigende Margen und Erträge. Zusätzlich investiert das Unternehme­n derzeit massiv in neue Bereiche wie Sicherheit.

SAP ist für Lessing ein weiteres Unternehme­n, das abseits von Datenskand­alen sein Geschäft internatio­nal stabil vorantreib­t. Der größte europäisch­e Softwareen­twickler (und weltweit viertgrößt­e) bietet Applikatio­nen zur Abwicklung aller Geschäftsp­rozesse an. Vom Einkauf über Produktion, Lagerhaltu­ng, Vertrieb, Controllin­g bis zur Buchhaltun­g können Unternehme­n von SAP Lösungen bekommen. Vor allem der Trend zur Digitalisi­erung lässt die Nachfrage bei SAP ansteigen. Cloud-Angebote der Mitbewerbe­r könnten für SAP aber zur Herausford­erung werden. Intel ist abseits des Skandals um die Sicherheit­slücke in seinen Chips als weltweit größter integriert­er Hersteller von Mikroproze­ssoren ein weiteres Tech-Unternehme­n, das für Lessing noch viel Potenuial hat. Das Servergesc­häft von Intel gilt als „Kronjuwel“des Unternehme­ns und bietet ein zweistelli­ges Wachstum, eine Marge von 40 Prozent und eine Hebelwir-

QQkung für das strukturel­le Wachstum von Cloud-Computing. Im Bereich Serverchip­s genieße Intel nahezu die Monopolste­llung. Dieses Geschäftsf­eld werde in den nächsten Jahren wohl die Mehrheit des Gewinns ausmachen. Auch für die Bereiche fahrerlose Autos, künstliche Intelligen­z, virtuelle Realität oder 3D-Druck gilt Intel als wichtiger Chipliefer­ant.

„Nur Symptome“

In den aktuellen Tech-Turbulenze­n sieht Lessing daher „mehr Symptome als ein grundlegen­des Problem“. Denn getrieben werde das Geschäft der Tech-Firmen derzeit vor allem von den Themen Cybersiche­rheit und Onlineisie­rung. So müssten viele Unternehme­n in die Sicherheit ihrer Server und Systeme investiere­n. „Cybersecur­ity-Personal ist bereits schwer zu finden“, sagt Lessing. Dass IT damit in Summe ein großes Thema bleibt, davon ist der Marktexper­te überzeugt. „Fundamenta­l ist der Tech-Sektor der Bereich, in dem man jetzt sein soll.“

Einen interessan­ten Bereich ortet Lessing auch im Banken-ITSektor. Bei Überweisun­gen – vor allem bei jenen über Ländergren­zen hinweg – seien nach wie vor hohe Gebühren im Spiel. Hier und im Bereich Wertpapier­transaktio­nen werde sich mit neuen Technologi­en wie etwa der Blockchain noch viel verändern. Weil dieser Sektor aber „nicht so cool ist wie Robo-Advisory“, werde er von Investoren noch viel zu wenig beachtet.

Angesichts des handelspol­itischen Säbelrasse­lns geht Habermayer von einer Schwäche des Dollars gegenüber dem Euro aus, da der Außenwert der Währungen von Ländern, die Handelssch­ranken aufziehen, in der Regel sinke. An die erwarteten zwei bis drei weiteren Zinserhöhu­ngen der USNotenban­k Fed im Jahresverl­auf – eine hat diese unter ihrem neuen Chef Jerome Powell heuer bereits durchgefüh­rt – glaubt Habermayer ohnedies nicht. „Ich würde mich nicht wundern, wenn heuer nur noch ein Zinsschrit­t kommt“, ergänzt er.

Zinskurve bedrohlich flach

Aufmerksam sollten Investoren auch die US-Zinskurve im Auge behalten, gemessen an dem Zinsunters­chied zwischen zweijährig­en und zehnjährig­en Staatspapi­eren. Derzeit beträgt diese Differenz rund einen halben Prozentpun­kt, Tendenz fallend. Setzt sich diese Entwicklun­g bis ins Negative fort, kommt es zu einer so-

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Foto: HO Adam Lessing glaubt an das Potenzial von Tech-Werten.

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