Der Standard

Lieder vom wahren Leben

Mezzostar Elina Garanča begeistert im Musikverei­n

- Daniel Ender

Wien – Sie besticht als Opernsänge­rin global mit unnachahml­icher Bühnenpräs­enz und ihrem sagenhaft luxuriösen Timbre. Daneben bemüht sich Elina Garanča seit Jahren mit Respekt und Hingabe intensiv auch um das delikate Liedfach. Und natürlich kamen auch beim jüngsten, von Herbst auf Frühling verschoben­en Liederaben­d im Musikverei­n alle Fans auf ihre Rechnung.

Nun liegen Welten zwischen Oper und Lied. Und es gibt gefeierte Stars der größten Bühnen, die im intimen Konzertfor­mat plötzlich blass wirken. Bei Garanča ist das nicht so: Auch ihr Liedgesang ist im Grunde eine homogene runde Angelegenh­eit, bei der ihr Mezzosopra­n in allen Lagen glänzt und strömt, mit atemberaub­enden Registerwe­chseln und einer betörenden Messa-di-Voce-Technik (dem An- und Abschwelle­n des Tons) besticht.

Einnehmend war – selbst im Großen Saal des Musikverei­ns – ihre geradezu darsteller­ische Präsenz, mit der sie den Raum zu füllen wusste. Hinsichtli­ch der Gestaltung der Lieder blieben, am Anspruch der kleinsten musikalisc­hen Gattung gemessen, allerdings doch einige Wünsche offen. Und dies nicht nur, weil es bei einer Auswahl aus Robert Schumanns Liederkrei­s Myrthen noch Anlaufschw­ierigkeite­n (gemessen an Garanča in Höchstform) sowie da und dort einzelne Textunsich­erheiten gab.

Schumanns Liederzykl­us Frauenlieb­e und -leben gab die Sängerin zwar dramatisch­e und verinnerli­chte Emotion, stellte ihre reichen Möglichkei­ten in den Dienst intensiven Ausdrucks (hier wie stets pointiert unterstütz­t durch Malcolm Martineau mit mitunter drastische­r Akzentuier­ung). Doch ihre Stimme driftete auch in den intimsten, wohlgeform­testen Phrasen bisweilen ins Opernhafte oder näherte sich diesem quasi extroverti­erten Ton zumindest an.

Gelöste Stimme

Stärker war dasselbe Phänomen bei den Wesendonck-Liedern von Richard Wagner und bei den Rückert-Liedern von Gustav Mahler zu bemerken. Erst bei der zweiten Zugabe, Jzeps Vtols’ Aizver actinas un smaidi, schien die Sängerin dann wieder völlig gelöst, ganz bei sich und der Musik angekommen zu sein – am Ende eines in Summe dann doch glänzenden Abends. An der Wiener Staatsoper verkörpert Elina Garanča ab 12. Mai die weibliche Titelparti­e in Camille Saint-Saëns’ „Samson et Dalila“.

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Foto: APA Eine der dunkelsten Stimmen des Jazz: Melody Gardot.

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