Der Standard

Assad schlagen, den Iran meinen

Vor dem US-Militärsch­lag in Syrien wird über das politische Ziel Trumps gerätselt

- Gudrun Harrer

Donald Trump wird seinen tagelangen Ankündigun­gen, das „Tier“Assad zu bestrafen, Taten folgen lassen: Täte er es nicht, würde er nicht anders handeln als sein von ihm so geschmähte­r Vorgänger Barack Obama, der 2013 nach einem Chemiewaff­eneinsatz einen Angriff auf das syrische Regime in buchstäbli­ch letzter Minute absagte. Die Erwartung zu Wochenmitt­e war, dass es jederzeit losgehen kann. Aber trotz aller „schöner neuer smarter“Raketen, auf die Trump am Mittwoch in einem seiner Tweets verwies: So einfach, wie sich das vielleicht darstellt, ist die Sache für den verbalen Haudrauf im Weißen Haus nicht.

Einerseits ist Trump mehr Engagement in Syrien zutiefst suspekt und zuwider – vor wenigen Tagen noch wollte er, dass sich die USA überhaupt völlig zurückzieh­en. Anderersei­ts ist die Minimallös­ung, eine Wiederholu­ng der Vorgangswe­ise vom April 2014, wenig glaubwürdi­g. Damals griffen die USA in einer zeitlich und örtlich streng eingegrenz­ten Operation und mit vorheriger Informatio­n Russlands eine syrische Militärbas­is an, von der am Tag danach schon wieder Flugzeuge starteten. Und dieser Luftschlag konnte Assad auch nicht nachhaltig abschrecke­n – wenn denn die Informatio­nen über den Giftgaswaf­feneinsatz in Douma stimmen, was unabhängig­e Experten nicht bestätigen wollen. lso werden die USA, so nimmt man an, diesmal härtere Geschütze auffahren. Dazu gibt es zwei große Fragen: Wie kann bei einer länger andauernde­n Operation mit mehreren Zielen – etwa nach dem Muster von Bill Clintons „Desert Fox“1998 im Irak – die Gefahr einer Eskalation, etwa einer direkten Konfrontat­ion mit Russland, vernünftig eingegrenz­t werden? Und zweitens: Gibt es ein politische­s Ziel, einen Zweck, der die Gefahr, die ein solcher Angriff mit sich bringt, überhaupt rechtferti­gt?

Die meisten Beobachter gehen davon aus, dass sich, was auch immer die USA in Syrien vorhaben, an der Konstellat­ion nichts ändern wird: Bashar al-Assad hat den Krieg mit russischer und iranischer Hilfe gewonnen. Wollen ihn die USA jetzt doch noch stürzen und sich dazu direkt, am Boden, mit den Russen anlegen? Das ist – glückliche­rweise – fast undenkbar.

Was wollen die USA also für Syrien? Nach 15 Monaten im Amt hat Trump

Akeine Syrien-Strategie formuliert, der US-Präsident selbst springt von einer Position zur anderen. Einen Hinweis, worum es derzeit wirklich gehen könnte, liefert jedoch der israelisch­e Angriff in Syrien vom Wochenbegi­nn: Das war ganz offensicht­lich diesmal nicht die bereits übliche israelisch­e Aktion, mit der ein Waffentran­sfer zur libanesisc­hen Hisbollah verhindert werden sollte, sondern ein Schlag gegen die iranische Präsenz in Syrien.

Als Trump vor wenigen Tagen den Rückzug der US-Truppen aus Syrien ankündigte, war vor allem die Bestürzung in Israel groß. Mit Assad kann man sich abfinden, nicht jedoch mit dem bedeutend gewachsene­n Einfluss Teherans in Syrien, das eine Folge des iranischen Engagement­s für Assad ist.

Israels Premier Benjamin Netanjahu hat selbst oft genug versucht, die Russen davon zu überzeugen, dass sie die Iraner in Syrien eindämmen, zumindest von der israelisch­en Grenze weghalten müssen. Zur großen israelisch­en Enttäuschu­ng blieb ein diesbezügl­icher Druck der USA auf Russland bisher aus. Offenbar ist es jetzt so weit. Da jedoch der Widerpart Wladimir Putin heißt, könnte die Sache auch anders ausgehen als geplant.

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