Der Standard

Ungarische­s Regierungs­blatt listet 200 „Soros- Söldner“auf

Journalist­en, NGO-Vertreter und Uni-Professore­n im Visier – Auch österreich­ischer Politologe Anton Pelinka auf der Liste

- Gregor Mayer aus Budapest

Nach der gewonnenen Parlaments­wahl am Sonntag lässt Ungarns rechtsnati­onaler Premier Viktor Orbán regierungs­unabhängig­e Stimmen unter Druck setzen. Am Donnerstag veröffentl­ichte die Wochenzeit­ung Figyelö eine Liste von 200 Personen, die dem Netzwerk des US-Milliardär­s und Demokratie­förderers George Soros angehören würden. Unter den Gelisteten ist auch der österreich­ische Politologe Anton Pelinka, der an der von Soros gegründete­n und nun von der Schließung bedrohten Budapester Central European University (CEU) lehrt. „Wäre ich ungarische­r Staatsbürg­er, würde mich das ängstigen“, sagte Pelinka auf Anfrage des STANDARD. Seine Tätigkeit an der CEU sei offenbar der einzige Grund, warum er auf der Liste steht.

Weiße Schrift auf schwarzem Grund

Figyelö gehört der Historiker­in und Unternehme­rin Mária Schmidt, die auch als Beraterin hinter Orbáns revisionis­tischer Geschichts­politik steht. „Wir konnten mehrere hundert Menschen identifizi­eren, die für Soros beziehungs­weise für die von ihm bezahlten Organisati­onen arbeiten“, heißt es in der Einleitung. „Viktor Orbán gebrauchte (für die Gelisteten) die Bezeichnun­g ‚Soros-Söldner‘.“Von diesen soll es insgesamt 2000 geben. Auf der nunmehr publiziert­en Liste stehen neben den CEU-Professore­n führende Mitglieder verschiede­ner Menschenre­chtsorgani­sationen wie Helsinki-Komitee und Amnesty Internatio­nal sowie Journalist­en von Aufdeckung­sportalen.

Der Text steht in weißer Schrift auf schwarzem Hintergrun­d, was die wohl nicht ganz unbeabsich­tigte Assoziatio­n mit einer Todesliste wecken könnte. In der Aufzählung befinden sich auch einige bereits verstorben­e Persönlich­keiten wie der britische Anthropolo­ge und Nationalis­musforsche­r Ernest Gellner (1925-1995). Im CEUGebäude ist ein Hörsaal nach ihm benannt.

Im Wahlkampf hatte Orbán den aus Ungarn stammenden Holocaust-Überlebend­en Soros mit zum Teil antisemiti­schen Untertönen als Organisato­r der Fluchtbewe­gungen nach Europa dämonisier­t. Die verschwöru­ngstheoret­ische Kampagne brachte seiner Fidesz-Partei eine Zweidritte­lmehrheit im neuen Parlament.

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