Wenn Kids Nacktfotos erhalten
Umfrage zu sexueller Belästigung online „alarmierend“
Wien – „Es kann jedem passieren, gemobbt, angemacht oder fertiggemacht zu werden, wenn man allerdings Bilder von sich selbst postet, wo man seinen Körper zeigt, wird das Risiko größer.“Was der 16-jährige Daniel erzählt, illustriert für Experten vom Institut für Jugendkulturforschung, Rat auf Draht und dem SOS-Kinderdorf die zentrale Problematik bei sexueller Belästigung im Internet: Für viele Kinder und Jugendliche sei es zur Normalität geworden, dass man belästigt wird. „Ein Großteil der Jugendlichen findet sich damit ab“, sagt Elke Prochazka von Rat auf Draht.
Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die sich bei der Helpline mit Fragen zu digitalen Medien melden, steige dramatisch. Jede dritte dieser Anfragen drehe sich um sexuelle Belästigung und Gewalt. Das habe man auch in den SOS-Kinderdörfern bemerkt, sagt deren Geschäftsführer Christian Moser. Gemeinsam wurde deswegen beim Institut für Jugendkulturforschung eine Umfrage in Auftrag gegeben, um österreichweit Daten zu erheben. Befragt wurden 400 Kinder und Jugendliche.
„Die Ergebnisse sind alarmierend“, sagt Studienleiterin Raphaela Kohout. 27 Prozent aller Kinder und Jugendlichen zwischen elf und 18 Jahren haben demnach schon einmal sexuelle Belästigung im Internet erlebt. Besorgniserregend sei, dass Mäd- chen mit 40 Prozent dreimal häufiger betroffen sind als Burschen.
Die Erlebnisse würden von unangenehmen sexuellen Fragen bis hin zu eindeutigem sexuellen Missbrauch reichen, sagt Kohout. „Sehr häufig werden Nacktfotos oder -videos unerwünscht an Kinder und Jugendliche geschickt oder diese aufgefordert, solche von sich selbst zu schicken. Etwas mehr als zehn Prozent der Befragten wurden auch schon einmal erpresst, etwa mit Nacktfotos.
Schuldsuche bei sich selbst
Viele Betroffene würden die Schuld bei sich selbst suchen und denken, wenn man sich in bestimmten Posen oder in bestimmter Kleidung zeigt, müsse man eben mit Belästigung rechnen. „Wir müssen glaubhaft vermitteln, dass Übergriffe dieser Art niemals in Ordnung sind, egal wie man sich zeigt und es immer Sinn macht, Hilfe zu holen“, sagt Prochazka.
56 Prozent der Befragten wissen nicht, dass viele der Handlungen, denen sie ausgesetzt sind, strafbar sind. Dabei sei die rechtliche Lage in Österreich „eindeutig“, sagt Moser. Leider gebe es auch bei der Polizei manchmal kein ausreichendes Wissen und kein Verständnis für die wenigen Betroffenen, die sich melden (acht Prozent). In Schulen brauche es „moderne Medienbildung“, von Eltern Verständnis statt Verbote.