Empathiemuskel und Mistkübelherz
Cristiano Ronaldo zerstörte Gianluigi Buffons Traum vom Gewinn der Champions League, tröstete aber die Torhüterlegende nach dessen erstem Ausschluss im 160. und wohl letzten Europacupspiel. Titelverteidiger Real Madrid hat der Beau gerettet.
Madrid – In Zeiten der locker sitzenden gelben Karten hat Cristiano Ronaldo nicht mehr oft Gelegenheit, seinen auch durch angeblich 1000 Sit-ups pro Tag gestählten Körper zu präsentieren. Am Mittwochabend zog der Portugiese einerseits genüsslich blank, weil er sich und Real Madrid mit seinem späten Elfmetertreffer zum 1:3 gegen Juventus Turin (98.) eine Verlängerung gegen die lästigen Italiener erspart hatte, und andererseits, weil vor dem heute auszulosenden Halbfinale der Champions League alle Gelben gestrichen werden. Für Ronaldo war es nach dem 15. Treffer die erste Verwarnung in der K.-o.-Phase – wurschter war noch keine.
Der 33-jährige Beau von Madeira ist aber nicht nur ein Selbstdarsteller. Er war auch einer der Ersten, die antraten, um Gianluigi Buffon zu trösten. Juves GoalieLegende war vor dem Strafstoß wegen, nun ja, Kritik am englischen Referee Michael Oliver ausgeschlossen worden – er sah in seinem 160. und wohl letzten Europacupspiel erstmals Rot.
Olivers Bewertung der vorhergehenden Attacke von Medhi Benatia an Lucas Vazquez entrang dem 40-jährigen Buffon ein entrüstetes „Fahr zur Hölle“. Mit etwas Abstand bewertete der italienische Rekordinternationale noch ein wenig differenzierter: „Dieser Mensch hat kein Herz. Stattdessen hat er einen Mistkübel.“Der Schiedsrichter habe „die Tragweite seiner Entscheidung gar nicht verstanden. Das darfst du nicht pfeifen.“Juves Abwehrchef Giorgio Chiellini sprach vom „größten Raub meiner Karriere“. Sein Präsident, Andrea Agnelli, forderte den Einsatz des Videobeweises auch in der Champions League. Oliver habe „totales Chaos“verbreitet. Italiens Klubs würden durch den Verzicht auf technische Hilfsmittel im Europacup geschädigt, sagte Agnelli. Pierluigi Collina, dem italienischen Chef der europäischen Schiedsrichter, unterstellte er „Eitelkeit“.
Bei Real wurde der Elfer naturgemäß anders bewertet. Schließlich rettete er nach ziemlich schwachen 90 Minuten und einem 0:3-Rückstand zumindest vor einer Verlängerung. „Wir haben gelitten, und das sollte uns eine Lehre sein. Du kannst im Fußball nichts als selbstverständlich erachten“, sagte Ronaldo, der jetzt bei 120 Toren aus 150 Spielen in der Königsklasse hält. Sein Trainer, Zinédine Zidane, hätte Buffon nicht ausgeschlossen. Die Elfersituation wollte er nicht genau gesehen haben.
Fast alle Gazetten kommentierten entlang der nationalen Grenzen. Nur die spanische Sporttageszeitung Sport schrieb vom „Raub des Jahrhunderts“. Sie erscheint in Barcelona.