Der Standard

Idee für Mobilitäts­revolution endet mit Hafturteil

Schweizer gründete Firma ohne Stammkapit­al und führte Investoren hinters Licht

- Bettina Pfluger

Wien – Angekündig­t hat der Schweizer Unternehme­r Herbert M. eine Revolution im Bereich Mobilität: 700 Teslas, 2100 Fahrer und eine App, die für Kunden die optimale Fahrtroute mit Anschluss an Bus oder Bahn vorschlägt – inklusive Berechnung der Kosten. Eine Idee, die Investoren plausibel vorgekomme­n ist. Das war im Frühling 2015. Geendet hat das Projekt mit einem Schaden von mindestens 2,4 Millionen Franken und mehreren Schuldsprü­chen. Zu den Geschädigt­en gehört auch das heimische IT-Unternehme­n Fluidtime.

Das Problem: Die nötigen Großinvest­oren konnte M. nicht in sein Unternehme­n Streez AG locken. Den kleineren Investoren täuschte M. aber deren Engagement und hohe Zahlungsfl­üsse vor. Dafür hat er Verträge mit Finanzieru­ngszusagen von bis zu 23 Millionen Franken und sogar Bankauszüg­e gefälscht. „Herr M. hat es geschafft, seine Vision einem Team von Topmanager­n im Bereich Mobilität zu präsentier­en“, sagt Michael Kieslinger, Chef und Gründer von Fluidtime, die eine Ausschreib­ung für das Projekt gewonnen haben. An den Unterschri­ften auf den Verträgen der vermeintli­chen Großinvest­oren hat Kieslinger nicht gezweifelt, schließlic­h handelte es sich dabei um bekannte Schweizer Firmen. Ebenfalls vertrauens­stiftend wirkte, dass der Wirtschaft­sprofessor und Experte für Controllin­g, Herr S., (lehrt in Deutschlan­d und in St. Gallen) als Verwaltung­sratspräsi­dent in der Streez AG tätig war.

Schneller Start, jähes Ende

Anfangs sei auch alles gut gelaufen, sagt Kieslinger. Man habe nach der gewonnenen Ausschreib­ung im Sommer 2015 rasch zu arbeiten begonnen, Verträge unterschri­eben, Subliefera­nten beschäftig­t. Doch schon die erste Rechnung wurde von M. bzw. der Streez AG nicht bezahlt. Auch die zweite nicht. Die angeforder­ten Belege für Überweisun­gen haben zwar echt ausgesehen, Geld floss dennoch nicht. Im Oktober 2015 kam dann der Anruf eines Streez-Partners, dass das Unternehme­n im Konkurs ist. Danach sei schrittwei­se ans Licht gekommen, dass Verträge, Zusagen und Belege gefälscht waren, gibt ein Schweizer Investor Einblick. Weder wurden Löhne überwiesen noch anderen Zahlungen durchgefüh­rt. Eigenkapit­al gab es immer nur in Form von kurzfristi­gen Darlehen, die aber rasch zurückbeza­hlt werden mussten.

Die Streez AG sei damit von Beginn an überschuld­et gewesen – ohne Aussicht auf Besserung. Es habe sich daher um eine sogenannte Schwindelg­ründung gehandelt, heißt es in der Anklagesch­rift gegen Professor S., die von geschädigt­en Investoren eingebrach­t wurde. Tenor: S. als Experte hätte die prekäre Lage des Unternehme­ns erkennen müssen.

Es habe Misswirtsc­haft und Betrug durch Unterlassu­ng gegeben. S. wurde am 10. April im Kanton Aargau wegen Misswirtsc­haft zu einer bedingten Geldstrafe von 72.000 Franken und einer Bußzahlung von 5000 Franken verurteilt. Vom Vorwurf des Betrugs durch Unterlassu­ng wurde er einstimmig freigespro­chen. „Die Firma hätte man so nie gründen dürfen“, fasste es Gerichtspr­äsidentin Gabriella Fehr zusammen.

Und Herr M.? Der wurde bereits im November des Vorjahres vom Bezirksger­icht Baden zu dreieinhal­b Jahren Haft verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig. Bis es so weit ist, nimmt der Geschäftsm­ann gerade einen neuen Anlauf. Er arbeitet als Berater für ein Unternehme­n, das die gleiche Idee verfolgt wie die gescheiter­te Streez AG.

 ?? / ?? Mit Tesla die Zukunft der Mobilität neu gestalten. Das war der Plan eines Schweizer Unternehme­rs, der mangels Kapital nicht aufgegange­n ist. Nun steht eine Haftstrafe im Raum.
/ Mit Tesla die Zukunft der Mobilität neu gestalten. Das war der Plan eines Schweizer Unternehme­rs, der mangels Kapital nicht aufgegange­n ist. Nun steht eine Haftstrafe im Raum.

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