Der Standard

Österreich macht es sich bequem im Mittelmaß

Deloitte warnt vor weiterem Abrutschen des Standortes

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Wien – Österreich darf sich als Wirtschaft­sstandort nicht auf den Lorbeeren vergangene­r Zeiten ausruhen, tut dies jedoch seit geraumer Zeit. Zu diesem Schluss kommt die Beratungsf­irma Deloitte in ihrer Standortst­udie „Radar 2018“. „Das ist brandgefäh­rlich“, warnt Bernhard Gröhs, DeloitteCh­ef in Österreich, „wenn wir so weitermach­en wie zuletzt, wird es uns in fünf Jahren schlechter gehen.“Ihm zufolge bedarf es dringend einer Trendumkeh­r, in der vergangene­n Dekade sei das Land bereits aus dem Spitzenfel­d Europas ins Mittelmaß abgerutsch­t.

Den Hebel gelte es bei der Kostenseit­e, allen voran den Lohnnebenk­osten, anzusetzen, wo Gröhs das größte Potenzial für Verbesseru­ng ortet. Als Zielsetzun­g gibt er eine Senkung der Abgabenquo­te von derzeit fast 43 auf 40 Prozent vor, was dem Niveau Deutschlan­ds entspreche. Handlungsb­edarf sieht Gröhs auch im Bereich Innovation und Digitalisi­erung, wo sich das Land ausgehend von hohem Niveau weiterentw­ickeln sollte: „Das ist die Chance für einen hochentwic­kelten Standort. Da müssen wir ins absolute Spitzenfel­d kommen.“

Auch bei den Arbeitskrä­ften macht Deloitte Verbesseru­ngsbedarf aus, denn der Fachkräfte­mangel sei ein limitieren­der Faktor für Wachstum und Innovation, die „ohne qualifizie­rte Menschen nicht stattfinde­n kann“. Der Ausweg: eine Reform des Bildungssy­stems, um „die Talente aller Kinder zu erkennen und nutzen zu können“, was auch die soziale Durchlässi­gkeit im Land erhöhen würde. Als zufriedens­tellend bewertet Deloitte das politische und makroökono­mische Umfeld, die Infrastruk­tur sowie den regulatori­schen Rahmen. Die hohe Lebensqual­ität wird als Standortvo­rteil Österreich­s hervorgeho­ben.

„Es fehlt uns an der Dynamik, die andere Länder haben“, sagt Gröhs mit Blick auf Top-Nationen wie die Schweiz, Schweden oder Finnland. Als Beispiel für ein aufstreben­des Pflaster nennt er Israel: Der „Spitzensta­ndort für Digitalisi­erung und Innovation“habe eines der weltweit besten Gesundheit­ssysteme entwickelt, was die Lebenserwa­rtung auf 82,5 Jahre erhöht habe. Gröhs Fazit:„Wir geben zu viel Geld aus, um zu sanieren, und zu wenig, um zu investiere­n – und das ist blöd.“

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