Der Standard

KOPF DES TAGES

Österreich­ischer Sanierer soll VW lenken

- Birgit Baumann

Ob es ihn eigentlich nerve, dass er bei VW als Markenchef jetzt eine Dieselkris­e managen müsse, die aus einer Zeit stamme, in der er selbst noch gar nicht zu VW gehörte, wurde Herbert Diess vor einem halben Jahr gefragt. Seine Antwort im Zeit- Interview. „Mich interessie­ren Krisen, weil sie auch immer eine Chance auf schnelle Veränderun­g sind.“

Hat er dabei nur an den Konzern gedacht oder auch an sich selbst? Man weiß es nicht. Nun jedoch gibt es beim weltgrößte­n Autobauer eine gravierend­e Änderung, und sie betrifft Diess selbst. Er steigt auf und wird Vorstandsc­hef.

Während ein zweites deutsches Unternehme­n von Weltrang, nämlich die Deutsche Bank, bei ihrem Chefwechse­l von John Cryan zu Christian Sewing auf ein „Konzerngew­ächs“setzt, erhofft sich Volkswagen von einem Impulse, der erst seit drei Jahren für das Unternehme­n tätig ist.

Ein Automensch aber war Diess schon immer. Als Österreich­er darf man ihn bezeichnen, weil er durch seinen Eltern einen österreich­ischen Reisepass hat. Geboren aber wurde er am 24. Oktober 1958 in München, dort studierte er auch Fahrzeugte­chnik und Maschinenb­au und arbeitete zunächst als wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r an der Technische­n Uni.

Nach einer Station beim Automobilz­ulieferer und Werkzeughe­rsteller Bosch stieg Diess beim VW-Konkurrent­en BMW ein, wo er 2007 in den Vorstand aufrückte und für den Einkauf zuständig war. Aus dieser Zeit stammt sein Image des knallharte­n „Kostenkill­ers“. Allerdings verhalf sein Sparen BMW zu Rekorderge­bnissen.

Schon damals hatten die VW-Eigentümer-Familien Porsche-Piëch ein Auge auf ihn geworden, im Juli 2015 wechselte er dann zu VW, wo er die renditesch­wache Kernmarke VW auf Vordermann brachte.

Das ging nicht immer friktionsf­rei. Diess und der mächtige Betriebsra­tschef Bernd Osterloh gerieten ob Diess’ strikten Sparkurses so heftig aneinander, dass Osterloh klagte, Diess handle „zutiefst unsozial“und breche dauernd sein Wort. Doch man raufte sich zusammen. „Ich bin nicht der Typ, der so schnell aufgibt“, sagte Diess einmal über sich.

Einen Schönheits­fehler hat der Karrieresp­rung des dreifachen Vaters und Motorradfa­ns allerdings: Die Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig wegen Verdachts der Marktmanip­ulation sind noch nicht abgeschlos­sen. Diess ist davon auch betroffen, da er – als die Dieselaffä­re bekannt wurde – schon ein paar Wochen im VW-Vorstand saß.

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Foto: AP Herbert Diess wird neuer Vorstandsc­hef des deutschen Autoriesen.

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