Justizminister gesucht?
Sollte Justizminister Josef Moser nicht mehr Geld für sein Ressort durchsetzen, will er zurücktreten, ist man sich in Justizkreisen sicher. Inzwischen kursieren bereits Namen für seine baldige Nachfolge.
Im Zuge der Rücktrittsgerüchte rund um Justizminister Moser werden schon Namen für seine Nachfolge genannt.
Wien – Um Justizminister Josef Moser verdichten sich die Rücktrittsgerüchte. In Justizkreisen werden schon Nachfolger genannt: Karoline Edtstadler, türkise Staatssekretärin beim blauen Innenminister Herbert Kickl, gilt als Favoritin. Auch der Name von Sektionschef und MinisteriumsGeneralsekretär Christian Pilnacek wird ganz konkret ins Spiel gebracht. Was aber ist dran an der angeblichen Amtsmüdigkeit Mosers – gibt es sie wirklich, oder ist sie doch vielmehr ein gezielt gestreutes Gerücht einer Anti-Moser-Fraktion in den Regierungsparteien? Egal, welcher der beiden Varianten man glaubt: Beide bringen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in Bedrängnis.
Kurz soll Geduld verlieren
Der ÖVP-Chef hatte Moser zur Nummer drei auf seiner Wahlliste gemacht und hält große Stücke auf den früheren Rechnungshofpräsidenten. Zugleich soll aber auch Kurz nach den tagelangen Medienberichten über angebliche Rücktrittsgelüste Mosers (während der Kanzler in China weilte) langsam seine Geduld verlieren.
Innerhalb der ÖVP ist man jedenfalls gespalten, was Moser betrifft: Er sei zwar fachlich einer der qualifiziertesten Minister der Regierungsriege, aber eben auch sehr stur, sagt ein Türkiser. „Mit Message-Control kommt man bei ihm nicht weit.“Darüber hinaus habe der Justizminister große Am- bitionen und gleichzeitig nichts zu verlieren: „Er wird seinen Job machen, solange er Lust hat, und dann geht er halt in Pension.“
Diese Lust scheint Moser in den vergangenen Wochen gehörig vergangen zu sein, munkelt man im Justizministerium. Von Anfang an habe Moser sich eher den Themen Verwaltungsreform und Deregulierung verpflichtet gefühlt als dem zentralen Thema Justiz. Das hätten ihm auch viele im eigenen Haus übelgenommen, wodurch es zu Missstimmung gekommen sei. Am meisten an der Stimmung gekratzt habe aber die Tatsache, dass bei den Budgetverhandlungen für sein Ressort so viel weniger herauszuholen war als etwa für das Innenministerium. Während Kickl 2100 Polizisten dazubekommt, muss Moser bei der Justiz Stellen kürzen.
Geld oder Abgang
Selbst als die Richter und Staatsanwälte laut protestierten und ihre Kritik an Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) richteten, blieb der oberste Budgetwächter hart und schloss weitere Geldflüsse an Mosers Ministerium aus. Sollte es dabei bleiben, werde Moser sich verabschieden, sagen Justiz-Insider – und berufen sich dabei wohl auch auf Aussagen von Moser selbst.
Der Minister soll einigermaßen frustriert sein, da bei den Reformen im Bereich Verwaltung und Föderalismus, aber auch bei der Rechtsbereinigung nichts weitergeht. Kurz reiht derzeit eher andere Reformprojekte nach vorn, die Krankenkassen, die Kammern sowie Projekte im Bereich Schule und Integration. Daher hatte Moser auch nichts dagegen, dass sein möglicher Rücktritt in aller Öffentlichkeit diskutiert wird.
Dass Parteichef Kurz dem zuvorkommt und Moser selbst absägt, glaubt in der ÖVP aber niemand so recht: Schließlich wurde er von Kurz installiert, sein Scheitern wäre also auch eine Niederlage für den Kanzler. Wenn einer Koalition, die sich stets mit ihrer Reformbereitschaft schmückt, ausgerechnet der Reformkanzler als Erstes abhandenkommt, wäre das ein katastrophales Signal.
Am Freitag befand sich Moser wegen einer Blutvergiftung noch im Spital, kommende Woche soll er aber wieder in alter Frische sein Amt bekleiden, hieß es seitens der Volkspartei. Andere spekulieren, dass der Krankenhausaufenthalt Moser die Rechtfertigung für einen Austritt aus der Regierung liefern könnte, dann hätten sowohl er als auch Kanzler Kurz das Gesicht gewahrt.
Noch am Donnerstag hatten Finanzminister Löger und Moser ihr Einvernehmen bekundet: Mit dem Budget sei „der Grundbedarf im Justizressort abgedeckt“. Für etwaige Mehrkosten für die unabhängige Rechtsprechung könnten dann Rücklagen aufgelöst werden, erklärten die Minister schriftlich.
Josef Moser sollte der Reformmotor der Regierung sein. Das wurde ihm sogar explizit in die Bezeichnung seines Ressorts hineingeschrieben: Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz. Geliefert hat er bislang nicht. Durfte er nicht, konnte er nicht. An seinem Wollen soll es nicht gelegen haben.
Bei Kanzler Sebastian Kurz stand Moser hoch im Kurs. Steht er immer noch. Kurz schätzt den ehemaligen Rechnungshofpräsidenten, den er auf dem dritten Platz seiner türkisen Bundesliste kandidieren ließ, für dessen Kompetenz, seinen Überblick und den Willen zur Reform.
In der ÖVP steht Moser keineswegs hoch im Kurs. Stand er nie. Während der Wahlbewegung gab es einen sanften, aber steten Widerstand gegen den Quereinsteiger, der ursprünglich aus den Reihen der FPÖ kommt. Ohne schwarzen Stallgeruch hat man es auch in der neuen ÖVP schwer.
Aus der Sicht von Kurz ist das einer der ganz großen Vorteile von Moser: Er ist an keine Parteiinteressen gebunden, ist niemandem etwas schuldig, muss keinem Landesfürsten Rede und Antwort stehen. Seine Loyalität gilt – oder galt – ausschließlich dem Kanzler. Und mit der Rückendeckung von Kurz sollte Moser jene Reformen angehen, die sich sonst kaum einer anzugreifen traut.
Dass Moser ernsthaft darauf drängte, radikale Reformen ohne Rücksicht auf Länder oder Bünde umzusetzen, festigte parteiintern den Vorbehalt gegen ihn. Die ÖVP ist in weiten Teilen doch nicht so neu, sondern wird von den alten Interessen und Machtbestrebungen angetrieben.
Bei den Reformen bewegte sich – schlichtwegs nichts. Kurz hatte es in den ersten Monaten seiner Amtszeit nicht ganz so eilig, wie er das zuvor signalisiert hatte. Und Moser ist nicht für seine Geduld bekannt. Von der Rückendeckung des Kanzlers war nicht mehr viel zu spüren. Dazu kamen Sparvorgaben des Finanzministers, die Moser das Gefühl vermittelten, sich gar nicht mehr rühren zu können – auch nicht im eigentlichen Kernressort, der Justiz.
Die Folge war eine Entfremdung zwischen Moser und Kurz, die sich in einem Akt der Illoyalität entlud: Moser selbst befeuert die Rücktrittsgerüchte. In der ÖVP würde ihm kaum einer nachweinen. Für Kurz wäre es ein schwerer Schlag: Er verlöre einen der Protagonisten seiner Bewegung, der wie kaum ein anderer für das Kernthema Reformen steht. Und das kratzt nicht nur an der Glaubwürdigkeit der Regierung, sondern vor allem an der des Kanzlers.