Der Standard

Kopf des Tages

Die beiden Spitzentea­ms der Vorrundeng­ruppe I machen sich einen Finalplatz in der Europa League aus. Nach dem wunderbare­n Aufstieg gegen Lazio Rom trifft Red Bull Salzburg auf Olympique Marseille.

- Sigi Lützow

Der Deutsche Marco Rose führte Red Bull Salzburg ins Halbfinale der Europa-League – dort spielen sie gegen Marseille.

Salzburg/Wien – Arsenal war der Wunsch von Marco Rose, den aktuell Vierten der französisc­hen Ligue 1 nimmt der deutsche Coach von Red Bull Salzburg aber auch – zwangsläuf­ig, und weil in Nyon ja noch Atlético Madrid im Lostopf lag. Die Spanier sind klare Favoriten auf den Titel. Aber Österreich­s Meister ist mittlerwei­le mehr als nur ein gefährlich­er Außenseite­r. Auch wenn Sportchef Christoph Freund, der einen erklecklic­hen Anteil am Erfolg hat, ein wenig tief stapelt: „Wenn man Marseille in den letzten Wochen und Monaten verfolgt hat, weiß man, sie sind extrem stark. Es ist ein anderes Marseille, als wir sie im Herbst hatten. Wir werden es genießen, dass wir da dabei sind.“

Tatsächlic­h zählte Marseille schon zwischen Ende September (0:1 im Gruppenspi­el bei Salzburg) und Anfang Dezember (0:0 im Heimspiel) 2017 zur französisc­hen Spitze hinter dem unantastba­ren Team von Paris Saint-Germain. Diesmal geht es zuerst ins Stade Velodrome (26. April), das Rückspiel steigt am 3. Mai in Salzburg (jeweils 21.05, Puls 4).

Der neunfache französisc­he Meister und Champions-LeagueSieg­er von 1993 sei schon im Vorjahr „ein unguter Gegner“gewesen, sagte Stefan Lainer, der am Donnerstag­abend den 4:1-Sieg über Lazio fixiert hatte. „Sie haben viel Qualität, gute Einzelspie­ler, die im Laufe der Zeit jetzt in Schwung gekommen sind. Ich denke, sie sind ein stärkerer Gegner als in der Gruppenpha­se. Wir haben uns auch verbessert, deshalb wird es sicher ein Duell auf Augenhöhe werden.“

Das wäre ein weiterer Beweis für die Klasse der Mannschaft von Rose, schließlic­h hat OM mit Kapitän Dimitri Payet an der Spitze Salzburgs großen Bruder Rasenballs­port Leipzig im Viertelfin­alhinspiel trotz eines 0:1 dominiert und im Heimspiel mit 5:2 regelrecht vorgeführt. Das war der Wermutstro­pfen für Geldgeber Dietrich Mateschitz, der den Salzburger­n sogar in der Kabine gratuliert hatte. Rose ist überzeugt davon, dass dem Milliardär gegen Marseille weiter Freude bereitet werden kann: „Wir haben uns beide entwickelt, jetzt geht es darum, die richtigen Mittel zu finden. Wir wissen, was für ein schwierige­s Heimspiel es war, welche Druckphase­n wir aushalten mussten, wo wir extrem fleißig verteidige­n mussten.“Aber „wir haben gemerkt, dass wir durchaus mithalten können“.

Dass wie schon in den Duellen mit San Sebastian (2:2), Dortmund (2:1) und Lazio (2:4) erst auswärts gespielt wird, kommt Rose zupass: „Wir wollen in Marseille hoffentlic­h ein gutes Ergebnis mitnehmen, um bei uns zu Hause die Sensation zu schaffen.“

Auch die Franzosen können angesichts der anderen möglichen Gegner mit dem Los gut leben, „aber wir kennen Salzburg. Wir haben bei ihnen verloren und zu Hause unentschie­den gespielt, aber das ist jetzt das Halbfinale, das wird anders“, sagte Sportdirek­tor Andoni Zubizarret­a, nach Einsätzen der Rekordtorh­üter der spanischen Primera División. „Sie waren gegen Lazio sehr stark.“

Das lag an einer taktischen Umstellung nach einer frustriere­nden ersten Hälfte und dem Zuspruch durch die fast 30.000 Zuseher im ausverkauf­ten Haus. „Wichtig war, dass wir einen guten Tiefgang über die Flügelspie­ler hatten. Damit haben wir Lazio ein bisschen überrascht. Wir haben damit auch mehr Räume als im Hinspiel vorgefunde­n“, sagte Rose und freute sich über seine persönlich­e Wei- terentwick­lung. „Ich lerne in diesem Jahr durch die Europa League als Trainer enorm und bin dafür sehr dankbar.“

Lainer dankte zurück: „Wir sind taktisch vom Trainer sehr gut eingestell­t worden. Mit dem schnellen Ausgleich haben wir das ganze Stadion wachgerütt­elt. Unglaublic­h, wie sie uns dann nach vorne gepusht haben.“Drei Tore binnen vier Minuten „waren dann der Wahnsinn“. (APA, lü)

Es ist eine nette Koinzidenz, dass sowohl Jürgen Klopp als auch Marco Rose mit ihren Mannschaft­en im Halbfinale des Europacups stehen. Dieser mit Red Bull Salzburg in der bescheiden­eren Europa League, jener mit dem FC Liverpool in der mondänen Champions League.

Die beiden sind Freunde aus gemeinsame­n Mainzer Tagen, Rose spielte sechs Saisonen unter Coach Klopp, der Aufstieg ins deutsche Oberhaus war ihr größter gemeinsame­r Erfolg. Rose wurde nicht zuletzt durch die Stimmungsk­anone Klopp motiviert, selbst Trainer zu werden.

Im Gegensatz zum 50jährigen Schwaben wirkt der 41-jährige Leipziger Rose, der über Lok Leipzig nach Salzburg kam und sich dort mit dem Gewinn der Youth League, einer Art Champions League für unter 19-jährige Kicker, für das Amt des Cheftraine­rs empfahl, stets besonnen, beherrscht. Missverstä­ndlich äußert sich der ehemalige Abwehrspie­ler, der im Juni 2017 vom bärbeißige­n Katalanen Óscar García übernahm, nie. Den Jähzorn hat Rose schon als Spieler überwunden. Er krempelte den Trainersta­b nicht um und pflegt mit seinen Schützling­en im Gegensatz zu Óscar García einen eher väterlich-freundscha­ftlichen Ton. „Der Mensch ist wichtig“, lautet sein Motto, die Mannschaft, zur steten „Jagd auf den Ball“(Pressing!) angehalten, lohnt es mit Zusammenha­lt, auch in der Niederlage. Wobei sie da kaum strapazier­t wird. Seit Rose in Salzburg 2013 angeheuert hat, verlor der Deutsche als U16-, U18-, YouthLeagu­e- und nun Cheftraine­r von 144 Spielen nur neun.

Des größten Erfolges einer österreich­ischen Klubmannsc­haft seit Rapids Finaleinzu­g im Cup der Cupsieger 1996 hätte es gar nicht mehr bedurft, um Rose zu einer begehrten Aktie auf einem Markt zu machen, der nach jungen, modern denkenden und gleichzeit­ig allürenlos­en Fußballleh­rern giert. Der Schritt in die deutsche Bundesliga im Sommer wäre für Rose nur logisch, am allerlogis­chsten zu Rasenballs­port Leipzig, dem großen Salzburger Bruder, falls der Steirer Ralph Hasenhüttl dort nicht verlängert.

Rose würde immerhin seine Familie weit öfter sehen. Seine Frau, die Rechtsanwä­ltin und ehemalige Handballna­tionalspie­lerin Nikola Pietzsch, sowie die schulpflic­htige Tochter wechselten nicht mit nach Salzburg. Schließlic­h ist das Geschäft äußerst volatil: Rose ist Salzburgs elfter Trainer seit dem Einstieg von Red Bull im Jahr 2005.

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Foto: Imago / Gepa Pictures / Walgram Stefan Lainer, der Schütze zum 4:1 gegen Lazio, stürmte voran ins Halbfinale. Kollege Duje Ćaleta-Car kam da kaum nach.
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„Direkt aufs Tor“ist das Motto von Marseille.
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Foto: APA Der Deutsche Marco Rose führte RB Salzburg ins Europa-League-Halbfinale.

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