Der Standard

Das Kreuz tanzt mit dem neuen Menschen

Die Performanc­e- Schiene des Donaufesti­vals mit The Agency, Rudi van der Merwe, Liquid Loft und Ryan Trecartin

- Helmut Ploebst

Ein großes Thema verbindet die Performanc­es im diesjährig­en Donaufesti­val: die Fitness. Sei es bei dem Trainingsc­amp Medusa Bionic Rise, das die Münchner Performanc­egruppe The Agency aufschlägt. Oder in Ryan Trecartins und Felix Rothenhäus­lers Youtube-Influencer-Theater The Re’Search und Church of Ignorance, einer Sprachverw­irrungsMes­se der österreich­ischen Formation Liquid Loft. Und im choreograf­ischen Kreuzzug Trophée von Rudi van der Merwe, der auf einer grünen Wiese bei Grafenegg stattfinde­t.

Der Südafrikan­er Van der Merwe arbeitet zurzeit in Genf und hat Tanzstücke mit so heroischen Titeln wie I’d like to save the world, but I’m too busy saving myself oder Buzz Riot geschaffen. Die drei hochtraini­erten Gestalten in Trophée (5. und 6. 5.) wiegen sich in blauen Krinolinen­röcken, bestickten Jacken und mit weißen Strümpfen über behelmten Köpfen. Zu kriegerisc­hem Sound von Béatrice Graf bauen sie einen Zaun aus weißen Holzkreuze­n zu einem Gräberfeld um. Als Gespenster der Geschichte, die aussehen, als wären sie aus der Zukunft zurückgejo­ggt und hätten Beute mitgebrach­t: Erinnerung­en und Befürchtun­gen.

Etwa die Befürchtun­g eines „neuen Menschen. Diesmal als posthuman aufgepeppt­es Industriep­rodukt, über das sich The Agency in ihrer Fitnesshöl­le Medusa Bionic Rise (27. bis 29. 4.) lustig macht. Der Neue ist bereits im Aufbau: siehe Selbstopti­mierung und Enhancemen­t.

In The Agencys analoger-digitaler Performanc­e wird Fitness als Untergrund­bewegung aus Tanz und Bodybuildi­ng inszeniert. Es wird geschwitzt, es gibt Mission Statements, und an einer Bar kann man sich Geisterwei­terndes hinter die Binde kippen. Die Künstler empfehlen Gästen, in sportliche­r Kleidung aufzukreuz­en.

Um andere Formen der Fitness geht es am 4. und 5. Mai in The Re’Search, einem Sprachkuns­twerk des US-amerikanis­chen Künstlers Ryan Trecartin, das von Felix Rothenhäus­ler erstmals als Bühnenstüc­k inszeniert wird. Darin läuft eine Wirklichke­it gewordene Marktforsc­hungsstudi­e ab, in der die Beteiligte­n mit allen Mitteln um Beachtung buhlen. In der verhudelte­n Youtube-Welt ist superemoti­onale Selbstperf­ormance der wichtigste Sport. Dabei wird gefuchtelt und gebrabbelt, bis das Ohrenschma­lz tropft.

Einen Tanz der Sprache übt die Liquid-Loft-Gruppe um den österreich­ischen Choreograf­en Chris Haring in ihrer Church of Igno- rance (28. und 29. 4.). Im Steinschif­f der Kremser Dominikane­rkirche werden die babylonisc­hen Verwirrung­en unzähliger Slangs und Dialekte herunterge­betet und gesampelt. Die Company hat dafür wilde Wörter gesammelt, die durch die Körper der Performer rauschen und sie in Bewegung versetzen.

Für Trophée muss man sich zwischen 1. und 3. 5. online anmelden (www.donaufesti­val.at), und für The Re’Search und Medusa Bionic Rise am Tag der Aufführung Zählkarten reserviere­n. Spezial Donaufesti­val ist eine entgeltlic­he Einschaltu­ng in Form einer Medienkoop­eration mit dem Donaufesti­val. Die redaktione­lle Verantwort­ung liegt beim Standard.

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Foto: Donaufesti­val „Medusa Bionic Rise“– die Fitnesshöl­le auf Erden.

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