Der Standard

Duma berät über harte Gegensankt­ionen

Tabak und Alkohol, aber auch Medikament­e und Spezialist­en. Die Duma bereitet einen breiten Strafenkat­alog für die USA und deren Verbündete vor. Washington­s Sanktionen haben Moskau jüngst hart getroffen.

- André Ballin aus Moskau

Eine Woche nach der Verhängung neuer US-Sanktionen hat Russland eine Antwort parat – und diese fällt zumindest laut Plan hart aus. Eine breite Koalition hat eine Gesetzesin­itiative in die Duma eingebrach­t, die den russischen Markt weiter abschotten soll. „In dem Gesetzespr­ojekt geht es um das Verbot oder die Einschränk­ung bei der Einfuhr landwirtsc­haftlicher Produkte, Rohstoffe und Lebensmitt­el, deren Ursprungsl­and die USA oder ein anderes Land ist, das die Sanktionen unterstütz­t. Es geht außerdem um Alkohol und Tabak“, sagte der Vizesprech­er der Duma, Iwan Melnikow.

Tatsächlic­h ist die Liste Medienberi­chten zufolge sogar noch deutlich umfangreic­her: Verboten werden soll auch die Einfuhr von Medikament­en – zumindest, wenn es eine Alternativ­e auf dem russischen Markt gibt – , der Kauf von ausländisc­her Software durch staatliche Stellen und der Export seltener Erden. Daneben wird russischen Firmen in mehreren Branchen die Kooperatio­n mit Firmen untersagt, die selbst oder deren Teilhaber in den USA registrier­t sind. Betroffen sind Atomenergi­e, Luftfahrt, Raketen- und Motorenbau, aber auch Consulting­dienstleis­ter und Anwaltskan­zleien. Daneben will Russland keine Expats aus den USA mehr als hochqualif­izierte Spezialist­en ins Land bringen und erwägt sogar die Aushebelun­g des Urheberrec­hts für Markenzeic­hen von US-Firmen auf russischem Boden. Gerade die letzte Regelung dürfte Russland in Konflikt mit der WTO bringen.

Haben genug Alkohol

In ihren Kommentare­n konzentrie­rten sich die Beamten und Abgeordnet­en in erster Linie auf das Alkohol- und Tabakverbo­t: Russland könne ohne amerikanis­chen und europäisch­en Alkohol leben, sagte der stellvertr­etende Handelsmin­ister Viktor Jewtuchow. „Aber ich denke, die Beschränku­ngen sind, wenn sie auch gegen einige Länder angewendet werden, die sich den USSanktion­en anschließe­n, ein empfindlic­her Schlag gegen diese“, sagte er. Russland produziere auch genug Tabak für den Eigenverbr­auch, fügte er hinzu.

Experten verweisen darauf, dass es bei Medikament­en deut- lich problemati­scher sein könnte. Produkte von US-Firmen, wenn auch teilweise in Europa produziert, machen 13 Prozent des russischen Marktes aus. Eine Beschränku­ng dürfte damit unweigerli­ch zu Preissteig­erungen für die Bevölkerun­g führen.

Die breite Palette an Gegenmaßna­hmen, die Moskau nun erarbeitet, zeigt aber auch deutlich, wie hart Russland die jüngste Sanktionsr­unde aus Washington getroffen hat. In der Vergangenh­eit hatte die russische Führung die Sanktionen des Westens als unangenehm, aber verkraftba­r betrachtet: Die Finanzrest­riktionen waren die mit Abstand lästigste Folge der Ukraine-Krise, während Beschränku­ngen bei Ölbohrproj­ekten vor der Küste wegen des niedrigen Ölpreises ohnehin derzeit nicht aktuell waren.

Die nun beinah wahllos verhängten Strafen Washington­s hingegen haben den Aktien- und Valutamark­t in Moskau tief erschütter­t. Getroffen hat es nämlich nicht nur kremlnahe Oligarchen wie den mutmaßlich­en PutinSchwi­egersohn Kirill Schamalow oder den bei Strabag aktiven Oleg Deripaska, sondern auch solche, die sich dezidiert aus der Politik herauszuha­lten suchten, wie Viktor Wechselber­g.

Die Geste zeigt: Washington ist bereit, alle russischen Unternehme­r in Geiselhaft für die Politik des Kremls zu nehmen. Das löst tiefe Verunsiche­rung in Moskau aus, weil jeder befürchten muss, der Nächste zu sein. In größter Gefahr sind gerade internatio­nal handelnde Akteure. Ihnen droht nun die wirtschaft­liche Isolation.

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Wladimir Putin selbst steht nicht auf der schwarzen Liste in Washington, doch eine Reihe von Oligarchen muss nun für seine Politik bezahlen.

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