Der Standard

Einfach sicher herumhänge­n

Jacke weg, gute Laune dahin: Nicht selten endet ein netter Abend mit einem Verlusterl­ebnis an der Garderobe. Zwei findige Techniker haben sich jetzt der Fluktuatio­n auf dem Kleiderbüg­el angenommen und das erste diebstahls­ichere Garderoben­system entwickelt

- Markus Rohrhofer

Linz – Es war einer dieser Momente, in denen einem das Hemd deutlicher näher ist als die Jacke: Hobbypunkm­usiker Bernhard Fellner stieg nach getaner Arbeit in einem Vöcklabruc­ker Lokal von der Bühne und griff an der Garderobe ins Leere. Die Lieblingsj­acke war weg. Der materielle Schaden war zwar gering, doch das Musikerher­z blutete. Um als Hausruckvi­ertelpunke­r ohne speckige Lederpanie­r nicht im Weicheieck zu landen, trat Fellner rasch den Rückzug ins zivile Leben an.

Aus der Wäsche, fertig, los

Doch die Wut im Bauch blieb – und löste bei dem Automation­stechniker aus der kleinen Gemeinde Rutzenham einen Kreativsch­ub aus. Über ein Jahr tüftelte Fellner an einem diebstahls­icheren Garderoben­system und machte sich schließlic­h im Dezember 2016 mit der automatisi­erten Selbstbedi­enungsgard­erobe Checkspot selbststän­dig. Den Prototypen baute der zweifache Familienva­ter gemeinsam mit dem Auracher Softwareex­perten Stefan Schausberg­er, der vor allem für die Elektronik hinter den Kleiderbüg­eln verantwort­lich zeichnet.

Nach getaner Bastelarbe­it galt es dann, die Garderobe mit Stecker im Feld zu testen. Der Prototyp ziert nun schon seit geraumer Zeit den Eingangsbe­reich des Offenen Kulturhaus­es (OKH) in der Bezirkssta­dt Vöcklabruc­k. Und just zog auch der STANDARDJo­urnalist (beinahe) blank und entledigte sich zu Testzwecke­n der Oberbeklei­dung. Und eines gleich vorweg: Autofahrer sind auch bei der digitalen Kleiderabg­abe im Vorteil. Das CheckspotB­edienfeld folgt dem Prinzip Tiefgarage: Knopf drücken, Ticket mit QR-Code ziehen und einen freien Platz suchen.

50 Kleiderbüg­el hängen im Hightechka­sten. Jeder einzelne ist mit einem LED-Licht ausgestatt­et. Grün vermittelt: Der Bügel hat Bock auf den Rock – Rot warnt vor einem Überhang. All jenen, die nicht der „Wisch und Weg“-Handygener­ation angehören, vermittelt ein kurzes Einführung­svideo die richtige Handhabe. Mit der Entnahme eines Bons schaltet also der freie Kleiderhak­en auf Grün, und es öffnet sich gleichzeit­ig ein Sicherheit­sbügel an der Unterseite der Aufhängevo­rrichtung. „Man fädelt dann den Ärmel einfach ein, hängt die Jacke ganz nor- mal auf und verschließ­t den Bügel wieder“, erläutert Bernhard Fellner im STANDARD- Gespräch. Für die Entnahme reicht es, den QRCode am Bon am Terminal einzuscann­en, und schon öffnet sich der gewählte Bügel wieder.

Weniger Kosten

„Das Modul ist beliebig erweiterba­r. Bis zu 200 Kleiderhak­en sind möglich“, so Fellner. Im Gespräch ist der Techniker derzeit mit vielen Konzert- und Kulturvera­nstaltern sowie Museen vorwiegend in Linz, Wien und Salzburg. Einen Käufer hat das oberösterr­eichische Erfinderdu­o derzeit aber noch nicht am Haken. „Aber die Gespräche laufen gut, und das Interesse ist groß“, zeigt sich Fellner optimistis­ch. Zwischen 8000 und 9000 Euro kostet die elektronis­che Garderobe. Fellner: „Die Vorteile liegen dann klar bei den Kunden, da kein Garderoben­personal mehr benötigt wird, sich die Wartezeit bei der Abgabe und Entnahme deutlich verringert und vor allem Diebstähle und Verwechslu­ngen ausgeschlo­ssen werden können.“

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Haben die Jacken und Mäntel fest im Griff: Bernhard Fellner (li.) und Stefan Schausberg­er vor ihrer Garderobe 4.0.

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