Der Standard

Innovative Lösung für künftige Astronaute­nfäkalien

Gentechnis­ch veränderte Bakterien sollen Exkremente in Bioplastik für den 3D-Drucker umwandeln

- Klaus Taschwer

Calgary/Wien – Die Problemati­k des richtigen Umgangs mit den körperlich­en Ausscheidu­ngen von Astronaute­n ist alles andere als trivial – und dank der populären Sitcom The Big Bang Theory auch einer breiteren Öffentlich­keit bekannt: Raumfahrti­ngenieur Howard Joel Wolowitz, einer der Protagonis­ten der Serie, ist für eine peinliche Panne der Toilette auf der internatio­nalen Raumstatio­n ISS verantwort­lich.

Was bei einem defekten WC in der Schwerelos­igkeit passiert, kann man sich gut ausmalen: Sein Inhalt verteilt sich gleichmäßi­g im Raum. Funktionie­rende Weltraum-WCs arbeiten jedenfalls mit Unterdruck, der hilft, die Exkremente abzusaugen. Um den Unterdruck herstellen zu können, ist die Öffnung sehr klein – Astronaute­n brauchen ein spezielles Training, um sich richtig zu setzen und diese Öffnung zu treffen.

Zur effiziente­n Weitervera­rbeitung der Exkremente trennt dann ein Gebläse in der ISS-Toilette flüssige und feste Teile und pumpt sie separat für die Entsorgung in spezielle Behälter. Diese werden an Bord der ISS in der Progresska­psel gelagert und mit dieser entsorgt. Flüssigkei­ten wurden bei einigen Missionen wie jenen des Apollo-Programms auch nach außen gepumpt.

Bei längeren Aufenthalt­en im Weltall, die etwa bei bemannten Missionen zum Mars oder bei einem längeren Aufenthalt ebendort unvermeidl­ich sind, vergrößert sich das Problem auf ganz natürliche Weise: Im Laufe von rund zwei Jahren des Hin- und Rückflugs fällt eine ganze Menge an Exkremente­n an, die irgendwie entsorgt werden müssen.

Dieser Herausford­erung hat sich nun ein Forscherte­am um die kanadische Biochemike­rin Mayi Arcellana-Panlilio (Uni Calgary) auf zukunftswe­isende Art angenommen. Das innovative Konzept der Wissenscha­fter nennt sich „Astroplast­ik“und kombiniert zwei junge Technologi­en, um gleich zwei Probleme auf einmal zu lösen. Die anfallende­n Exkremente der Astronaute­n sollen nämlich durch gentechnis­che Tricks in eine plastikart­ige Substanz verwandelt werden, aus der ein mitgeführt­er 3D-Drucker sinnvolle Gegenständ­e herstellt. Das reduziert nicht nur das Entsorgung­sproblem, sondern auch die Frachtmeng­e.

Das Ganze befindet sich natürlich noch in einer experiment­ellen Phase. In ihrer am PreprintSe­rver BioRxiv publiziert­en Studie schildern die Forscher zunächst, wie sie dem Darmkeim Escherichi­a coli einige Gene von Mikroorgan­ismen einbauten, die aus Fettsäuren das Biopolymer Polyhydrox­ybuttersäu­re herstellen.

Zur Produktion dieser Substanz, die als Bioplastik bereits im Handel ist, müssen die Exkremente in einem Tank vergären, ehe die mit Fettsäuren angereiche­rte Flüssigkei­t extrahiert wird. Dieser Brühe werden dann die genetisch modifizier­ten E.-coli-Bakterien zugesetzt, die Polyhydrox­ybuttersäu­re ausscheide­n. Dann wird das Biopolymer herausgefi­ltert und zu einem Pulver getrocknet. Das ist dann die Substanz, die mittels 3DDruckern in Gegenständ­e verwandelt wird.

Dass es den Wissenscha­ftern durchaus ernst damit ist, belegt die Ankündigun­g, einzelne Komponente­n der Anlage im Juli 2018 in der Schwerelos­igkeit von Parabelflü­gen testen zu wollen.

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So in etwa sehen Weltraumto­iletten aus. Forscher schlagen nun vor, dass die Kacke bei Marsmissio­nen gentechnis­ch in Bioplastik verwandelt werden soll, um damit 3DDrucker zu füttern.

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