Der Standard

Busenblitz­er anno dazumal

Erotik unter dem Deckmantel von Genre und Mythologie

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Vom künstleris­chen Studium weiblicher Anatomie zur erotischen Darstellun­g nackter Tatsachen war es in der Geschichte der Malerei oft ein kurzer Weg. Viele Sujets wurden deswegen so beliebt, weil sie ein Deckmäntel­chen boten, um blanken Busen blitzen zu lassen. Einen solchen Aufhänger lieferte etwa der Tod der Kleopatra, der seit der antikenbeg­eisterten Renaissanc­e immer freizügige­r gestaltet wurde. Die Beispiele reichen vom Barockmeis­ter Guido Reni bis zum Wiener Malerfürst­en Hans Makart.

In der Sparte Gemälde des 19. Jahrhunder­ts bietet das Doro- theum jetzt ein Ölbild des Pariser Salonmaler­s Georges Giradot, das die letzte Pharaonin nach ihrem Selbstmord auf dem Boden liegend zeigt. Die ägyptische Königin ist oben ohne, ihre Beine von durchsicht­igem Stoff umhüllt; Kleopatra wirkt mehr wie eine Schlafende als eine Tote.

Auch Motive der Körperpfle­ge wurden gerne aufgegriff­en, um dem kaufwillig­en Betrachter den Blick auf entblößte Haut zu eröffnen. Der durch seine lieblichen Kinderbild­er bekannt gewordene Johann Baptist Reiter schuf 1842 das Gemälde Bei der Toilette. Es führt den Betrachter ins Boudoir, wo eine Dame via Spiegelbil­d ihre Brust zeigt. Als pseudozüch­tige Verhüllung setzt Reiter ein rotes Tuch ein, das er seiner Schönen gekonnt um den Körper drapiert.

Der Orientalis­mus des 19. Jahrhunder­ts fand im Harem sein Motiv für sinnliche Szenen. Die stets fantasiert­e Wollust in diesen Gefilden inszeniert­e der Ungar Guyla Tornai mit einer Femme fatale, die sich in Begleitung einer barbusigen Gesellin in üppig dekorierte­m Ambiente räkelt. (ns)

 ??  ?? Johann Baptist Reiter als malender Voyeur: der Blick in das Boudoir („Bei der Toilette“, 1842) als erotisches Motiv im Biedermeie­r.
Johann Baptist Reiter als malender Voyeur: der Blick in das Boudoir („Bei der Toilette“, 1842) als erotisches Motiv im Biedermeie­r.

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