Mobilitätshindernisse in der Bologna-Architektur
Mit dem Ziel, einen einheitlichen europäischen Hochschulraum zu schaffen und die Mobilität zu fördern, wurde vor 20 Jahren der Bologna-Prozess gestartet. Für die Universitätenkonferenz fällt die Bilanz gemischt aus.
Wien – Mit der sogenannten Sorbonne-Deklaration wurde 1998 der Bologna-Prozess eingeleitet, durch den europaweit die Studien bzw. deren Abschlüsse harmonisiert werden und so die Mobilität der Studenten gefördert wird. Ziel ist ein einheitlicher europäischer Hochschulraum. Die deutlichste Änderung für die Studierenden brachte die Umstellung der meisten Abschlüsse auf das dreigliedrige System Bachelor/Master/PhD.
Durchwachsen
Eine gemischte Bilanz zieht die Universitätenkonferenz (Uniko) anlässlich des bevorstehenden 20Jahr-Jubiläums des Bologna-Prozesses. Grundsätzlich haben die Umstellung der Studien und die Förderung der Mobilität der Studenten gut funktioniert, Mängel gebe es aber etwa bei der finanziellen Anerkennung der Abschlüsse.
Mittlerweile werden rund 80 bis 85 Prozent der Studien im dreigliedrigen System angeboten, so Uniko-Präsidentin Eva Blimlinger. Zuletzt umgestellt wurden das Pharmaziestudium und die Lehramtsstudien. Nach wie vor im „alten“Diplomstudiensystem befinden sich noch die Rechtswissenschaften, Medizin, Theologie und einige künstlerische Studien.
Positivstes Resultat war die Steigerung der Auslandsaufenthalte der Studenten wie auch der Lehrenden – wobei sich die Form der Mobilität verändert habe, so der Vorsitzende des Forums Lehre der Uniko, Martin Polaschek: Mittlerweile würden die Studenten oft nicht mehr nur ein Semester im Bachelor- bzw. im MasterStudium an einer anderen Hochschule absolvieren, sondern den gesamten Bachelor an einer Institution machen und den Master an einer anderen.
Als Problem sah Blimlinger allerdings die mangelnde Akzeptanz des Bachelorabschlusses: „Die Wirtschaft fängt zwar mit dem Bachelor etwas an, man beschäftigt die Absolventen auch – aber man bezahlt sie nicht entsprechend. Bei den Arbeitgebern ist es bei der Bezahlung so, als ob man gar keinen Abschluss hat.“Dabei sei es gar nicht unbedingt nötig, die Absolventen mit jenen von Diplomstudien gleichzustellen: „Man kann ja innerhalb des Kollektivvertrags unterscheiden.“
Weiteres Problem bei Bologna war die vom damaligen Ministerium nicht gesteuerte Umstellung der Studien, so Polaschek: „Die Vorgabe war nur: schnell umstellen und kostenneutral.“Einziger Rahmen sei gewesen, dass ein dreijähriges Bachelorstudium zum Einstieg ins Berufsleben befähigen und darauf ein zweijähriges Masterstudium folgen solle. „Man hat sich aber keine Gedanken gemacht, ob das ergänzende Studien sein sollen oder vertiefende, ob sie berufsbegleitend sein sollen oder nicht, ob sie direkt in die Wissenschaft führen sollen et cetera.“
Nur vereinzelte Probleme gebe es mit dem Wechsel vom Bachelor- ins Masterstudium, meinte Polaschek – wobei manche Studenten von falschen Erwartungen ausgingen: „Es gibt welche, die glauben, dass sie mit jedem Bachelor ins Masterstudium wechseln können. Das geht nicht: Ich kann nicht den Bachelor in Chemie machen und dann automatisch ins Masterstudium Physik wechseln.“Handlungsbedarf gebe es am ehesten bei manchen sehr speziellen Bachelorstudien im Wirtschaftsbereich.
Ein anderes, oft bemängeltes Problem, der oft nicht mögliche Wechsel innerhalb des gleichen Studiums – etwa Jus – an einen anderen Studienort in Österreich, habe wiederum wenig mit Bologna zu tun. „Jede Uni macht im Rahmen ihrer Autonomie ihr eigenes Curriculum. Wir werden vom Ministerium sogar immer wieder aufgefordert, Profil zu bilden, unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen und ja nichts Einheitliches zu machen“, so Polaschek. „Da muss man sich von Ministeriumsseite her entscheiden: Wollt ihr Autonomie und ein eigenständiges Profil oder eine gute Durchlässigkeit für die Studierenden?“, ergänzte Blimlinger.
Mobilitätshindernisse
Für die Zukunft des BolognaProzesses wünschen sich die Unis eine stärkere Einbindung in die Entscheidungen. Außerdem müssten Mobilitätshindernisse abgebaut und etwa auch kürzere Auslandsaufenthalte ermöglicht werden.
Derzeit müssten diese ein Semester dauern – „aber es sollte auch möglich sein, einen Monat wegzugehen, weil es wo etwas Geblocktes gibt – etwa für Musikstudierende, die einen Meisterkurs machen wollen“, so Blimlinger.
Und schließlich brauche es einen Kulturwandel bei der Verwendung der neuen Titel: „Das betrifft ja nicht nur den Bachelor, sondern auch den Master – beide werden nicht wahrgenommen.“(APA)