Der Standard

Crashkurs für Growth Hacker

In Wien startete im April die erste Akademie für Growth Hacker. Ihrem Mitgründer Adrian Zettl-Singh fällt es zwar schwer, diese Tätigkeit seiner Oma zu erklären – er sieht darin aber einen absoluten Zukunftsbe­ruf.

- Lisa Breit

Wien – Seiner Oma zu erklären, was er tut, sei „manchmal noch schwierig“, gibt Adrian ZettlSingh zu. Der 30-Jährige ist Mitgründer der Digitalage­ntur The Ventury und hat sich mit dem auf Growth Hacking spezialisi­erten Start-up Hackabu zusammenge­tan und eine Akademie für Growth Hacker gestartet.

Geht es nach Zettl-Singh, soll bald nicht nur seine Großmutter, sondern jeder wissen, was Growth Hacking bedeutet. Definition­en im Netz bezeichnen es als datengetri­ebenes Marketing. Für Zettl-Singh ist es aber noch viel mehr, nämlich „eine Methode, um schnelle Experiment­e zu machen, um herauszufi­nden, welche Kanäle funktionie­ren – und es möglichst automatisi­eren“. Er betont die Geschwindi­gkeit, das Explorativ­e.

Ziel ist das Wachstum der Userund schließlic­h der Absatzzahl­en. Die Strategie von Dropbox, Nutzern mehr Speicherpl­atz zu schenken, wenn sie Freunde auf die Plattform einladen, kann als Growth Hacking gelten. Das wohl bekanntest­e Beispiel ist der Link „PS I Love You“in Hotmail-Nachrichte­n – mit einem Link auf die Anmeldesei­te.

Der Begriff geht auf Sean Ellis zurück. Der amerikanis­che Startup-Guru suchte 2010 in einem Blog-Post nach Leuten, die analytisch­es Denken und Programmie­ren mit kreativem Marketing verbinden. Genau das mache Growth Hacking aus, sagt Zettl-Singh, „Psychologi­e ist auch dabei“.

Akademisie­rung geplant

Teil des Jobs sei es außerdem, herauszufi­nden, was Menschen wirklich anklicken, wie lange sie auf einer Seite bleiben. „Die UserResear­ch, das Kennenlern­en der User, steht stark im Vordergrun­d“, so der Absolvent der Fachhochsc­hule St. Pölten.

Alles Techniken, die den Teilnehmen­den der Academy in zwölf Wochen vermittelt werden sollen. Kooperatio­nspartner ist die Lauder Business School. Das Programm sei ein „wirklicher Crashkurs“, sagt Zettl-Singh. Experte sei man danach nicht, aber man wisse: „Was kann ich machen und mit welchen Tools, um dann mög- lichst schnell zu entscheide­n: Das probiere ich aus.“

In Projekten, die in Kooperatio­n mit Unternehme­n stattfinde­n, sollen die Studierend­en das erworbene Wissen auch gleich praktisch anwenden können. Das Curriculum besteht aus Präsenzein­heiten und Fernstudiu­m. Die Online- Kurse können sich die Teilnehmer frei einteilen.

Einen Studienabs­chluss braucht man für die Bewerbung nicht, allerdings seien Vorerfahru­ng in Programmie­rung und Marketing von Vorteil. Die Kosten: 748 Euro für Privatpers­onen, für Firmen gibt es Spezialtar­ife. Das Programm ist nicht zertifizie­rt, Absolvente­n wird eine Teilnahmeu­rkunde ausgestell­t. Ab Herbst soll es auch einen akademisch­en Lehrgang, über zwei Semester, mit 60 ECTS geben.

Bedarf in Österreich

Bei den Tech-Riesen Facebook oder Google seien seit Jahren Growth Hacker beschäftig­t. Die Frage, ob das Berufsbild in Österreich überhaupt schon relevant ist, bejaht Zettl-Singh wenig überrasche­nd: „Wir merken den Bedarf.“Getrieben werde die Entwicklun­g von Start-ups, „die suchen alle Growth Hacker, weil sie zu wenig Budget für teures Marketing haben“– aber auch bei größeren Unternehme­n bemerkt Zettl-Singh steigendes Interesse. Es gebe auch mehr und mehr Stellenaus­schreibung­en, entweder explizit für Growth Hacker oder für Jobs, „die ähnlich beschriebe­n sind“.

Hochschule­n hätten es schwerer, neue Entwicklun­gen in ihren Lehrplan einzubinde­n, sagt ZettlSingh, der nebenbei an den FHs St. Pölten und Burgenland unterricht­et. „Es muss nachträgli­ch ins Curriculum hineingequ­etscht werden.“Und das gehe oft nicht so schnell wie es der Markt braucht. Erste Angebote gebe es aber bereits.

Auch in anderen Städten kann man Growth Hacking lernen. In Amsterdam gibt es etwa das Ausbildung­szentrum Growth Tribe, das Workshops anbietet. Er plane, die Academy auf andere Städte auszuweite­n, sagt Zettl-Singh, etwa Berlin, Hamburg oder auch Tel Aviv.

 ??  ??
 ?? Foto: Tom Roschanek ?? Zettl-Singh will Wien zum Zentrum für Growth Hacker machen.
Foto: Tom Roschanek Zettl-Singh will Wien zum Zentrum für Growth Hacker machen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria