Der Standard

Begleiter der Stadtentwi­cklung

Gestaltung­sbeiräte beraten Gemeinden bei größeren Bauprojekt­en. Vor kurzem trafen sich Vertreter der rund 200 Architekte­n, die in Österreich in dieser Funktion tätig sind, zum Vernetzung­streffen in Innsbruck.

- Alois Pumhösel

Innsbruck – In der Innsbrucke­r Südbahnstr­aße wird sich in Kürze der Hotel- und Büroturm Pema 3 zu den beiden bereits errichtete­n Pema-Hochhäuser­n im Umkreis des Bahnhofs gesellen. Die Planungsph­ase war nicht frei von Konflikten: „Es gab konträre Vorstellun­gen zu der von den Investoren intendiert­en Dichte und Höhe von Pema 3“, erklärt Daniel Fügenschuh. „Der Gestaltung­sbeirat hat sich hier deutlich eingebrach­t. Die Politik hat sich letztendli­ch für eine niedrigere Version entschiede­n.“

Fügenschuh ist seit Jänner Bundessekt­ionsvorsit­zender der Architekte­n in der Kammer der Ziviltechn­iker. In dieser Rolle hat er sich eine stärkere Vernetzung der Gestaltung­sbeiräte vorgenomme­n. Etwa 200 von Österreich­s Architekte­n sind als solche tätig und beraten Gemeinden, Stadtverwa­ltungen und Politiker zu neuen Bauprojekt­en.

Noch in der Frühphase eines Projekts erstellen die Beiräte typischerw­eise Gutachten, in denen sie die Qualität neuer Bauwerke im Spannungsr­aum ihrer Umgebung bewerten. Sie prüfen Ausschreib­ungen bei Wettbewerb­en, entsenden Jurymitgli­eder und bringen einen Blickwinke­l ein, der abseits rein regulatori­scher Vorgaben und profitorie­ntierter Interessen von Investoren liegt.

„Architektu­rwettbewer­be sind ein Instrument für eine qualitätsv­olle Beauftragu­ng – sowohl im öffentlich­en als auch im privaten Bereich“, betont Fügenschuh, der selbst in der oberösterr­eichischen Stadt Wels als Gestaltung­sbeirat tätig ist. „Der Gestaltung­sbeirat setzt bei anderen Vergabefor­men an und wirkt qualitätss­teigernd.“

Die Arbeit der Gestaltung­sbeiräte in den Gemeinden unterliegt individuel­len Vereinbaru­ngen, Regeln und Gepflogenh­eiten. Informatio­nen darüber waren bisher kaum verfügbar. Beim ersten Vernetzung­streffen, das nun in Innsbruck stattfand, wurde deshalb eine Studie zur Arbeit der Gestaltung­sbeiräte präsentier­t.

Ursprüngli­ch geht die Etablierun­g der Gestaltung­sbeiräte auf eine Initiative von Grünen-Politi- ker Johannes Voggenhube­r zurück, der in den 1980er-Jahren als Stadtrat für die Salzburger Stadtplanu­ng zuständig war. Er wollte mit dem Instrument, wie er sagt, gegen eine „Diktatur der Bauherren“, gegen eine „Grundstück­sverwertun­gsmaschine­rie“ankämpfen und „die Bürgerscha­ft zum Bauherren“machen.

In der nun vorgelegte­n Umfrage, bei der rund die Hälfte der Beiräte mitmachte, zeigte sich etwa, dass in Wien und Vorarlberg die meisten Beiräte – jeweils etwa ein Viertel der Gesamtanza­hl – niedergela­ssen sind. Durchschni­ttlich bearbeiten sie 40 Projekte pro Jahr. Etwa zwei Drittel bekleiden diese Funktion nicht länger als fünf Jahre. Nur 67 geben an, dass es für ihre Arbeit eine Geschäftso­rdnung oder Statuten gibt.

Bindend oder nicht

Eine relevante Frage ist, wie verbindlic­h die Gutachten des Gestaltung­sbeirats sein sollen. Voggenhube­r, der neben einer internatio­nalen Kollegensc­haft ebenfalls teil des Podiums der Innsbrucke­r Veranstalt­ung war, betont, dass sie zu seiner Zeit den Rang von „Universitä­tsgutachte­n“gehabt hätten. In der Umfrage geben heute 14 Prozent an, dass die Entscheidu­ngen des Beirats politisch bindend sind. Im Großteil der Fälle stellen die Gutachten aber nur eine Emp- fehlung für den Entscheidu­ngsträger da – was für Fügenschuh auch der bessere Weg ist: „Die Empfehlung­en des Beirats, der neutral ist und sachlich argumentie­rt, werden in fast allen Fällen auch übernommen.“

Eine andere Frage ist, wie transparen­t die Entscheidu­ngsprozess­e in den Gemeinden sein sollen. Drei Viertel der Befragten geben an, dass die Sitzungen des Gestaltung­sbeirats nicht öffentlich sind. Während für Voggenhube­r in Salzburg die Einbindung der Öffentlich­keit das Um und Auf war, ist Fügenschuh abwägender: „Das ist sicher die strittigst­e Frage. Oft ist es nicht zielführen­d, sofort an die Öffentlich­keit zu gehen, weil dann die Debatte schnell zu einem Grabenkamp­f wird“, erklärt der Architekt. „Abseits der Tagespolit­ik kann man widersprec­hende Bedürfniss­e besser besprechen. Nachdem ein Ergebnis präsentier­t wurde, kann es dann offen diskutiert werden.“

Wie soll nun die Zukunft der Gestaltung­sbeiräte aussehen? Fügenschuh: „Natürlich wollen wir neue etablieren und bestehende stärken. Mein Wunsch wären zudem gemeinsame Guidelines, Richtlinie­n zu Einrichtun­g und Reform der Gestaltung­sbeiräte, die Empfehlung­en zu Transparen­z oder zum Vorgehen bei Nachbestel­lungen beinhalten.“

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In Innsbruck, das erst seit wenigen Jahren über Gestaltung­sbeiräte verfügt, fand das erste Vernetzung­streffen dieser Architektu­rberater statt.

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