Der Standard

(Zu) viele Studentenh­eime in Wien

Projektent­wickler und Investoren sehen in Wien noch jede Menge Potenzial für neue Studentenh­eime. Nicht gewinnorie­ntierte Heimträger bewerten das fundamenta­l anders. Sie sehen ein Überangebo­t – und erstmals leere Betten.

- Franziska Zoidl

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Wien – Wie es um den Markt für Wiener Studentenh­eime bestellt ist, hängt davon ab, wen man fragt. Während Entwickler und Investoren privater, meist hochpreisi­ger Projekte noch viel Bedarf sehen, sind Vertreter des gemeinnütz­igen Sektors kritischer.

„Mittlerwei­le gibt es in Wien fast ein Überangebo­t“, sagt Günther Jedliczka, Geschäftsf­ührer des Heimbetrei­bers OeAD-Wohnraumve­rwaltung. Er rechnet vor, dass es landesweit 40.000 Studentenh­eimplätze gibt, in den letzten Jahren seien 5000 neue dazugekomm­en. Und so manches dieser Betten sei aktuell leer, so Jedliczka, auch tendenziel­l kostengüns­tigere bei den gemeinnütz­igen Heimträger­n. Das bestätigt ein Rundruf des Standard. Innerhalb von einem, höchstens zwei Tagen könne man einziehen, heißt es da oft. Obwohl das Sommerseme­ster gerade erst begonnen hat.

„Derzeit krachen viele Immobilien­fonds auf den Wiener Markt und sagen, dass es noch mehr Bedarf gibt, aber ich frage mich, wo die Kundschaft sein soll“, sagt auch Martin Strobel, Geschäftsf­ührer der Wihast, die in Wien 14 Studentenh­eime betreibt, in denen Studierend­e zu Preisen zwischen 230 und 390 Euro monatlich wohnen können.

Noch vor zehn Jahren war die Situation eine andere für angehende Studierend­e in Wien: Damals musste man sich Monate im Vorhinein bei einem Studentenh­eim anmelden. Und wer trotzdem keinen Platz bekam, landete auf einer elendslang­en Warteliste. „Warteliste­n existieren heute in der Form nicht mehr“, sagt Carola Lindenbaue­r, Geschäftsf­ührerin der base – homes for students Gmbh.

Dennoch wird munter weitergeba­ut in der Bundeshaup­tstadt, seit kurzem etwa das The Student Hotel beim Praterster­n, das das größte Studentenh­eim des Landes wird. Auch die gemeinnütz­ige Stuwo baut an einem Studentenh­eim mit 295 Zimmern in der Seestadt Aspern. Zimmer der Kategorie A seien bereits ausgebucht, heißt es auf deren Webseite.

„Wir fragen uns, wofür gebaut wird“, sagt Jedliczka dennoch. „Ich glaube, dass das oft von Projektent­wicklern ausgeht“, meint Carola Lindenbaue­r. Denn Investoren haben die Studentenh­eime als Assetklass­e entdeckt. „Ich glaube aber, dass die Betreuungs­intensität manchmal unterschät­zt wird“, so Lindenbaue­r. Im Unterschie­d zum Wohnhaus nutze sich ein Studentenh­eim relativ schnell ab. Oft werde von Investoren auch die Situation in Deutschlan­d – wo es in Städten wie München tatsächlic­h einen Mangel an Wohnraum für Studierend­e gibt – mit jener in Österreich gleichgese­tzt.

Jene privaten Studentenh­eime, die in den letzten Jahren in Wien hauptsächl­ich errichtet wurden, wollen bei den Jungen mit vollmöblie­rten Mikro-Apartments punkten. Preislich liegen sie jenseits der 500 Euro mit Raum nach oben. Im vergangene­n Herbst eröffnete beispielsw­eise mit „The Fizz“ein Studentenh­eim mit 633 Zimmern in Wien-Brigittena­u.

Aktuell sei es zu rund zwei Dritteln vermietet, heißt es auf Standard- Nachfrage. Das Wohnkonzep­t sei in Österreich neu und müsse noch an Bekannthei­t gewinnen, sagt Alexander Gulya, Geschäftsf­ührer von Internatio­nal Campus Austria.

Angebot für jedes Budget

Die Diskussion­en zum Überangebo­t an studentisc­hen Zimmern kennt er schon aus Deutschlan­d. Ein Aspekt, der dabei häufig unterschät­zt werde, sei die Heterogeni­tät der Studierend­en. Es gebe nämlich durchaus Studierend­e, die bereit sind, für Community, Komfort und Services mehr Geld auszugeben, so Gulya: „Wir sehen eine stetig wachsende Zielgruppe für hochwertig­es studentisc­hes Wohnen.“

Wohlgemerk­t: Auch in manchem Heim eines gemeinnütz­igen Betreibers gibt es diese MiniApartm­ents und einen FacilityMa­nager, der sich um jede ausgebrann­te Glühbirne sorgt, betont Lindenbaue­r. „Ich kann da nicht viele Unterschie­de erkennen.“

Aber man könne durchaus parallel existieren. Mittlerwei­le gebe es für jedes Budget ein Zimmer in Wien. Das Angebot ist groß – und wird noch größer werden.

 ??  ?? Doppelzimm­er sind bei Studierend­en heute nicht mehr gefragt, gesucht werden in Studentenh­eimen tendenziel­l eher WG-Zimmer oder Mikro-Apartments, wie hier im Base 22 im Wien-Donaustadt.
Doppelzimm­er sind bei Studierend­en heute nicht mehr gefragt, gesucht werden in Studentenh­eimen tendenziel­l eher WG-Zimmer oder Mikro-Apartments, wie hier im Base 22 im Wien-Donaustadt.

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