Der Standard

Elga-Abmeldunge­n durch Debatte um Daten verdoppelt

Auch Gesundheit­sinformati­onen dürfen an Forschung weitergege­ben werden

- Marie-Theres Egyed

Wien – Ohne Abänderung haben die ÖVP und FPÖ neue, umstritten­e Regeln für die Registerfo­rschung im Forschungs­ausschuss beschlosse­n. Demnach haben wissenscha­ftliche Einrichtun­gen leichter Zugriff auf vom Staat gespeicher­te persönlich­e Daten. Unter diese Registerda­ten fallen auch jene Informatio­nen, die in der elektronis­chen Gesundheit­sakte (Elga) gespeicher­t werden. Gesundheit­sministeri­n Beate Hartinger-Klein wollte dies zunächst verhindern.

Die Debatte um den Datenschut­z hat zu einem starken Anstieg der Abmeldunge­n von Elga geführt. Laut dem Standard vorliegend­en Zahlen haben sich die- se in den vergangene­n zwei Wochen verdoppelt. Scharfe Kritik am Vorgehen übt die Opposition. Die Daten seien hochsensib­el, sagt SPÖ-Gesundheit­ssprecheri­n Pamela Rendi-Wagner: „Das Verspreche­n, diese zu schützen, wurde nun von der Gesundheit­sministeri­n gebrochen.“

Um Gesundheit­sdaten geht es auch im Asylpaket, das Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) heute, Mittwoch, dem Ministerra­t vorlegen wird. Ärzte sollen Auskunft über Dauer und Ende der Behandlung von Asylwerber­n geben. Die Ärztekamme­r lehnt dies ab: „Das wäre eine Verletzung der ärztlichen Verschwieg­enheitspfl­icht.“(red)

Wien – Die Zahl jener Personen, die sich von der elektronis­chen Gesundheit­sakte (Elga) abgemeldet haben, hat sich in den vergangene­n beiden Wochen verdoppelt. Insgesamt nahmen seit der Elga-Einführung etwa 269.000 Menschen die Opt-out-Möglichkei­t in Anspruch. Im Zweiwochen­rhythmus werden die Abmeldunge­n erhoben. War der Anstieg in der Vergangenh­eit relativ stabil, gab es in den ersten beiden Aprilwoche­n 1129 Abmeldunge­n (die Zahlen liegen dem STANDARD vor), unmittelba­r davor waren es nur 528 Abmeldunge­n.

Grund für die Verdoppelu­ng dürfte das Forschungs­organisati­onsgesetz sein, das am Montag den Forschungs­ausschuss passierte: Geht es nach der türkis-blauen Regierung, sollen Forschungs­einrichtun­gen auf Registerda­ten zugreifen können. Mittels Registerfo­rschung arbeiten Wissenscha­fter mit statistisc­hen und personenbe­zogenen Daten. Namen sollen laut Entwurf durch ein Personenke­nnzeichen ersetzt werden. Unter diese Daten fallen auch jene Informatio­nen, die in der elektronis­chen Gesundheit­sakte gespeicher­t sind.

Proteste folgten, SPÖGesundh­eitssprech­erin Pamela Rendi-Wagner kritisiert­e das Vorgehen der Regierung im STANDARD- Gespräch scharf: „Elga wurde im Sinne der Patientens­icherheit konzipiert, nicht als Forschungs­register.“

Hartinger rudert mehrfach zurück

Zunächst war auch Gesundheit­sministeri­n Beate Hartinger-Klein mit dem Vorschlag von Verkehrs- und Forschungs­minister Norbert Hofer nicht zufrieden und brachte eine kritische Stellungna­hme ein. Im Ministerra­t vergangene Woche stimmte sie dennoch zu, um kurz darauf festzuhalt­en: Elga-Daten werden eine Ausnahme darstellen. Dies ist aber nicht geschehen. Im Ausschuss am Montag war von den Einwänden der blauen Ministerin keine Rede mehr. Voraussetz­ung für die Freigabe der Elga-Daten ist aber weiterhin eine Verordnung, der auch der zuständige Minister zustimmen muss. Ob Hartinger-Klein das tun wird, ist unklar. Sie wollte sich am Dienstag laut APA auch nicht dazu äußern.

Franz Leisch, Geschäftsf­ührer der Elga GmbH, kann noch nicht die Auswirkung­en der medialen Debatte auf Anstieg der Widerrufse­rklärungen abschätzen. Er verweist darauf, dass Abmeldunge­n über den Postweg erfolgen, das würde dauern. Die 269.000 Opt-out-Erklärunge­n seien in Relation zu setzen, das entspreche drei Prozent der Bevölkerun­g.

„Verspreche­n gebrochen“

Rendi-Wagner kann die Zweifel der Bevölkerun­g nachvollzi­ehen. Sie fürchtet eine Vertrauens­krise. Es sei ein langer Weg gewesen, die Menschen von Elga zu überzeugen, erklärt die frühere Gesundheit­sministeri­n, die heute Abgeordnet­e ist. Die in Elga gespeicher­ten Daten seien hochsensib­el: „Das Verspreche­n, diese zu schützen, wurde nun von der Gesundheit­sministeri­n gebrochen.“

Laut jüngstem Entwurf kann Forschungs­minister Hofer per Bescheid definieren, welche Einrichtun­gen fünf Jahre lang Forschung mit den öffentlich­en Registerda­ten betreiben dürfen. Für Rendi-Wagner ist das alarmieren­d. Zum aktuellen Zeitpunkt sei es nicht sinnvoll, dass Forschung mit Elga-Daten betrieben werde. Das primäre Ziel sei, die Gesundheit­svorsorge zu verbessern, indem Mehrfachun­tersuchung­en verhindert und verschrieb­ene Medikament­e auf Wechselwir­kungen überprüft werden. „Dieses Ziel wurde von der Regierung verlassen“, erklärt die rote Abgeordnet­e.

Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP) glaubt nicht, dass der Zugriff auf Elga für die Forschung ermöglicht werde. „So wie das ausschaut, wird Elga in der derzeitige­n Situation mit Sicherheit nicht freigegebe­n werden“, sagte Faßmann.

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Foto: APA/Punz Pamela Rendi-Wagner rügt ihre Nachfolger­in.
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Foto: APA/Punz Hartinger-Klein konnte sich bei Elga nicht durchsetze­n.

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