EU-Lob für Albanien und Mazedonien, harte Kritik für die Türkei
In den jüngsten Fortschrittsberichten empfiehlt die Europäische Kommission Beitrittsverhandlungen mit Mazedonien und Albanien. Gefordert werden Rückführungsabkommen für illegale Migranten.
Brüssel – Die EU-Kommission hat am Dienstag die Aufnahme von konkreten Beitrittsverhandlungen für die Kandidaten Mazedonien und Albanien empfohlen.
In dem von EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn vorgelegten Bericht stellt die EU-Behörde beiden Ländern ein positives Zeugnis aus. Mazedonien habe nach einer schwierigen Zeit „seine tiefe politische Krise überwunden“. Erstmals verknüpft die EUKommission mit der Beitrittsperspektive aber auch einen Rückführungsmechanismus für illegale Migranten. Vor allem Montenegro und Serbien werden aufgefordert, dem EU-Migrationsrecht entsprechende Vorkehrungen zu treffen.
Für die Türkei findet die EUKommission erneut äußerst kritische Worte: Sie empfiehlt zwar nicht ein Aussetzen der Verhandlungen, unter den derzeitigen Umständen könnten aber keine weiteren Kapitel eröffnet werden. Die Türkei wird dringend aufgefordert, den nach dem gescheiterten Putschversuch 2016 eingeführten Ausnahmezustand aufzuheben. (red)
Seine Reise geht ins Hoffnungsland Mazedonien, das trotz des Namensstreits mit Griechenland das beste Zeugnis bekommen hat. EU-Kommissar Johannes Hahn will heute, Mittwoch, in Skopje nach der Veröffentlichung der Fortschrittsberichte ein Zeichen setzen. Die Botschaft lautet: Mazedonien soll mit den EU-Verhandlungen beginnen. Es liegt allerdings an den EU-Staaten, dies zu beschließen.
Mazedonien bekam bereits 2005 den Kandidatenstatus, wurde aber auf seinem Weg in die Nato und die EU stets durch das Veto Griechenlands gehindert. Nun soll der Streit um den Staatsnamen endlich gelöst werden. Die Kommission lobt, dass die Mazedonier Griechenland entgegenkamen und dem Flughafen und der Autobahn, die nach Alexander dem Großen benannt waren, einen neuen Namen gaben.
Mazedonien nahm seit dem Regierungswechsel vor einem Jahr Reformkurs auf. Die Gewaltenteilung wurde wieder einge- führt und die Rechtsstaatlichkeit gestärkt. Positiv kommt auch Albanien weg, das gerade eine Justizreform durchführt. Vor wenigen Wochen wurde ein Verfassungsrichter wegen seines unerklärlich hohen Vermögens von 700.000 Euro gefeuert. Hahn empfiehlt Beitrittsverhandlungen mit dem Land. Die EU lobt Erfolge bei der Bekämpfung des illegalen Cannabisanbaus, kritisiert aber, dass zu viele Albaner unbegründeterweise in der EU um Asyl ansuchen.
„Mäßig“vorbereitet
Für Montenegro fordert die EU eine umfassende Wahlreform. Die Präsidentschaftswahl am Sonntag zeigte, wie berechtigt das Misstrauen ist. So sind 540.000 der 630.000 Einwohner als Wähler registriert – offensichtlich gibt es zehntausende Karteileichen. Insgesamt sieht die Kommission Montenegro „mäßig“auf den EU-Beitritt vorbereitet. Gelobt wird der Fortschritt im Firmenrecht und in der Landwirtschaft, kritisiert werden Rückschritte bei öffentlichen Ausschreibungen. Montenegro ist auch einer der Staaten, denen angeraten wird, dringend ihre Ausländer- und Asylpolitik angesichts der wachsenden Zahl von Migranten zu verbessern. Die Asylverfahren sollen an jene der EU angeglichen werden.
Zudem sollen besonders Montenegro und Serbien, und das wird erstmals gefordert, Rückführungsmechanismen für illegale Migranten einführen. In jüngster Zeit kamen viele Nordafrikaner, die weiter Richtung Österreich und Deutschland reisen wollen. Serbien werden „mäßige“Vorbereitungen für den EU-Beitritt attestiert. Gelobt wird der „gute Fortschritt“, um eine wettbewerbsfähige Marktwirtschaft zu schaffen, kritisiert werden der politische Einfluss auf Justiz, Korruption und fehlende Verurteilungen, etwa bei der Geldwäsche.
Gefordert wird zudem, dass Serbien seine Außen- und Sicherheitspolitik bis zum Beitritt schrittweise an jene der EU anpassen muss. So unterstützt Belgrad zurzeit nicht die Sanktionen gegen Russland, Montenegro hingegen schon. Serbien wird zudem aufgefordert, „substanzielle Anstrengungen“im Dialog mit dem Kosovo zu machen und schließlich einen Vertrag, der alle offenen bilateralen Fragen klärt, zu unterschreiben. Dasselbe wird vom Kosovo verlangt. Prinzipiell wird dem Kosovo attestiert, noch in einem „frühen Stadium“der Angleichung an EU-Standards zu sein – insbesondere was Korruption und organisiertes Verbrechen betrifft.
Frühe Phase der Angleichung
Bosnien-Herzegowina hat die Kommission eher einen Rückschrittsbericht ausgestellt. Dringend gefordert wird eine Änderung des Wahlgesetzes, ansonsten ist der Urnengang im Herbst gefährdet. Insgesamt sei das Land in einer „frühen Phase“der Angleichung an EU-Standards. Kritisiert werden Reformmangel und Verzögerungstaktik. Das passt gut zu dem weitverbreiteten Motto: „Polako samo polako“– „langsam, immer nur langsam“, heißt es hier oft.