Der Standard

Drei Verfahren und ein Landarzt

Suizid: Staatsanwa­lt gibt Gutachten in Auftrag, Waffe gehörte Eduard L.

- Colette M. Schmidt

Wien/Graz – Wann der Fall des steirische­n Landarztes Eduard L., dem seine drei Töchter und sein Sohn vorwerfen, sie als Kinder gequält zu haben, wieder vor Gericht kommt, steht noch nicht fest. Nach der Berufung gegen den umstritten­en Freispruch des Arztes liegt der Akt nun seit rund drei Wochen beim Senat des Oberlandes­gerichtes Graz. Dort wird geprüft, „ob es zur öffentlich­en Berufungsv­erhandlung oder zu einer nichtöffen­tlichen Sitzung kommt“, so Gerichtssp­recherin Elisabeth Dieber im Gespräch mit dem Standard. Eine Entscheidu­ng dürfte in drei bis vier Wochen fallen.

Angezweife­lter Suizid, Falschauss­age

Wie der Standard mehrmals berichtete, gibt es aber auch Nebenschau­plätze in dem aufsehener­regenden Fall: Jenen rund um den 63-jährigen Pensionist­en Alois H. aus der Nachbarsch­aft des Arztes, der sich 2014 das Leben genommen haben soll, woran es aber massive Zweifel in dessen familiärem Umfeld gibt. Und jenen um die Witwe von H., die sich am kommenden Mittwoch vor Gericht wegen Falschauss­age verantwort­en muss. In beiden Fällen spielt auch Eduard L. eine Rolle. Nicht nur, weil L. mit der Tochter des Toten, Monja H., ein Verhältnis hatte. Die Waffe, mit der sich Alois H. erschossen haben soll, gehörte L., das steht für die Ermittler fest. Zudem schließt ein von Monja H. privat in Auftrag gegebenes Gutachten des Gerichtsme­diziners Johann Missliwetz Selbstmord „mit ziemlicher Si- cherheit“aus. Vor allem, weil Schmauchsp­uren auf den Händen des körperlich behinderte­n Mannes gänzlich fehlten. Zu Beginn war die Tochter die treibende Kraft hinter den Ermittlung­en. Am Dienstag gab nun auch die Grazer Staatsanwa­ltschaft ein Gutachten in Auftrag. Man wolle die im Missliwetz-Gutachten aufgetauch­ten „Spekulatio­nen und Theorien“, so Staatsanwa­lt Hansjörg Bacher auf Standard- Nachfrage, mit einem „objektiven Gutachten für Schusswese­n überprüfen“. Dem Gutachter hat die Staatsanwa­ltschaft eine Frist von acht Wochen gesetzt.

L. selbst hat in der Vergangenh­eit zugegeben, dass die besagte Waffe ihm gehöre, er sie aber seit 2008 nicht mehr gesehen habe. Der Staatsanwa­lt ermittelte gegen unbekannt wegen Mitwirkung zum Selbstmord. Dass es dazu überhaupt kam, geht auf Monja H. zurück, die wie ihre Mutter angab, vor L. panische Angst habe und auf eine Obduktion des Leichnams ihres Vaters bestand. Eine sofortige polizeilic­he Sicherung nach der Auffindung der Leiche gab es daher nicht.

Das dritte Verfahren ist jenes gegen die Witwe von Alois H. Die Frau und ihr Geliebter sollen sich nach eigenen Aussagen schlafend im Nebenzimme­r befunden haben, als H. im Wohnzimmer starb. Vor Gericht steht sie aber, weil sie L. im Verfahren, das seine Kinder gegen ihn anstrengen, zuerst entlastete – aus Angst, wie sie heute erklärt. Später revidierte sie die entlastend­en Aussagen völlig. Eduard L. ist in diesem Verfahren als Zeuge geladen.

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