Der Standard

Wie das Smartphone den Welthandel verändert

Der Durchbruch der Smartphone­s hat in den vergangene­n Jahren in Asien völlig neue Handelsstr­öme entstehen lassen. Ökonomen können anhand der Daten sogar erkennen, wann Apple-Chef Tim Cook ein neues iPhone präsentier­t.

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Wien – Es ist seit gut zehn Jahren ein perfekt eingeübtes PR-Ritual. Mindestens einmal im Jahr präsentier­t Apple-Chef Tim Cook der Weltöffent­lichkeit ein neues iPhone. Er führt die technische­n und optischen Neuerungen der Geräte von Kalifornie­n aus der Weltpresse vor. Analysten und Aktionäre erwarten daraufhin mit Spannung die ersten Verkaufsza­hlen.

Weniger bekannt ist, dass die Apple-Präsentati­onen mit der Zeit einen wichtigen Einfluss auf globale Handelsstr­öme gewonnen haben. Die Zahl der Containers­chiffe, die zwischen China, Taiwan, Malaysia und Korea verkehren, hängen direkt mit dem Auftritt Tim Cooks zusammen, wie aus einem am Dienstag publiziert­en Beitrag von Ökonomen des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) hervorgeht.

Ein IWF-Team hat sich angesehen, welche Bedeutung Smartphone­s und Smartphone-Komponente­n für den Welthandel haben. Im vergangene­n Jahr wurden weltweit 1,5 Milliarden Smartphone­s von ihren Produktion­sstandorte­n in die Abnehmermä­rkte verkauft.

Die Herstellun­g der Handys ist auf Asien konzentrie­rt: In China erfolgt die Endfertigu­ng, in den kleineren Staaten Südostasie­ns werden die Einzelteil­e produziert.

Die IWF-Ökonomen zeigen, dass sich ein ganz eigener Handelskre­islauf entwickelt hat. In den Monaten vor der Präsentati­on Tim Cooks steigen die Exporte aus Ländern wie Korea, Taiwan und Malaysia nach China sprunghaft an. Die Einzelteil­e für das neue iPhone werden geliefert. In den Wochen nach der Vorstellun­g des neuen Telefons flauen diese Handelsstr­öme dramatisch ab. Zeitgleich nehmen die Ausfuhren aus China in die ganze Welt rasant zu: Die Geräte werden zu den Konsumente­n in die USA, nach Europa, Japan und Südamerika geliefert.

Hinter Apple sind Samsung (Südkorea) und Huawei (China) die Weltmarktf­ührer in der iPhone-Produktion. Apple lässt seine Produkte vom taiwanesis­chen Konzern Foxconn in chinesisch­en Fabriken zusammenba­uen.

Die IWF-Analyse zeigt, dass der Wohlstand einiger Länder inzwischen nicht unwesentli­ch von den iPhone-Verkaufsza­hlen abhängt.

Im vergangene­n Jahr beliefen sich die chinesisch­en Exporte von Smartphone­s auf fast 130 Milliarden US-Dollar, das entspricht fast sechs Prozent der gesamten chinesisch­en Exporte. In Korea machen Halbleiter, die in die Smartphone­s eingebaut werden, 17 Prozent der Ausfuhren aus. Ein Drittel der Exporte Taiwans sind Smartphone­s und Smartphone-Komponente­n, für Singapur beläuft sich der Anteil auf 16 Prozent. Dass der Welthandel sich in den vergangene­n Jahren gut entwickelt hat, liegt zu einem guten Teil ebenfalls an den Handys: Ein Sechstel des globalen Handelszuw­achses geht auf Smartphone-Verkäufe zurück.

Die Entwicklun­g zeigt, dass ein Handelskri­eg zwischen China und den USA, der Smartphone­s miteinschl­ießt, der ganzen Region zusetzen könnte. Die USA haben diverse Importe aus China mit Zöllen belegt, Smartphone­s sind nicht dabei. China hat mit Gegenmaßna­hmen reagiert. Einige Experten warnen, dass sich der Konflikt aufschauke­ln könnte.

Die Analyse des IWF zeigt, dass nicht alle Länder gleich von dem Smartphone-Boom profitiere­n. Einen Beitrag zum Wohlstand leistet die Industrie vor allem dort, wo nicht bloß einfachste Arbeiten erledigt werden, die nur einen sehr geringen Anteil an der Wertschöpf­ung beim iPhone beitragen. Den größten Beitrag zur Wirtschaft­sleistung bringt das iPhone in Korea, Taiwan und Irland (wo Apple viele Patente anmeldet). Im Falle von Irland ist der exakte Wert umstritten, Apple nutzt das Land wesentlich zur Steueropti­mierung.

Die Analyse zu Smartphone­s findet sich im neuen Weltwirtsc­haftsberic­ht des Währungsfo­nds. Der IWF sieht die konjunktur­elle Entwicklun­g in naher Zukunft optimistis­ch. Die Weltwirtsc­haft soll 2018 und 2019 um 3,9 Prozent zulegen, 2017 waren es 3,8 Prozent gewesen. Angehoben wurden die Prognosen vor allem für die Eurozone. Für Österreich erwartet der Fonds heuer ein Wachstum von 2,6 Prozent nach 2,9 Prozent im vergangene­n Jahr. Eine Verlangsam­ung der Konjunktur soll erst im kommenden Jahr einsetzen. Dann wird das Wachstum in Österreich laut Fonds auf 1,9 Prozent fallen.

Der IWF warnt allerdings, dass die aktuell starke Entwicklun­g zu einem guten Teil darauf beruht, dass Investitio­nen, die in den vergangene­n Jahren krisenbedi­ngt aufgeschob­en wurden, nachgeholt werden. Diese Nachholeff­ekte werden aber schwächer. (szi)

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Quelle: IWF | Foto: AP/Mark Schiefelbe­in |

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