„Konsum ist der Schlüssel zu unserem Wachstum“
Chinas Wirtschaft legte bis März um 6,8 Prozent zu – Peking glaubt fit zu sein für Handelsstreit mit USA
Peking fühlt sich gut vorbereitet, falls US-Präsident Donald Trump seine angedrohten Strafzölle auf China-Importe wahrmacht. „Wir haben eine gereifte Wirtschaft. Sie ist hoch widerstandsfähig, verfügt über Potenzial und große Flexibilität“, sagte der Sprecher des Statistischen Amtes, Xing Zhihong, bei der Vorlage der neuen Wachstumszahlen für das erste Quartal.
Mit 6,8 Prozent Wirtschaftswachstum, stabiler Beschäftigung, einem um 9,8 Prozent gestiegenen Einzelhandel und einer Inflation von 2,1 Prozent habe Chinas Wirtschaft einen guten Start hingelegt. Seit fünf Jahren baut Peking die Wirtschaft im Land um, seit elf Quartalen wächst Chinas Bruttoinlandsprodukt (BIP) zwischen 6,7 und 6,9 Prozent pro Jahr.
Chinas Vorteil sei sein „Riesenland“. Es könne auf Binnenaufgaben wie die Urbanisierung ausweichen und verfüge über gigantische Devisenreserven. Immer wichtiger werde die Rolle des Konsums, begründete Xing sein Vertrauen in die inländische konjunkturelle Stärke. Die Wende in der Wirtschaftsweise habe sich in den vergangenen fünf Jahren immer sichtbarer gezeigt. Frühere Wachstumstreiber wie Exporte und Investitionen seien noch immer wichtig, würden aber zunehmend durch Dienstleistungen und Binnenkonsum abgelöst.
Konsumausgaben hätten im ersten Quartal 2018 mit 77,8 Prozent zum Gesamtwachstum beigetragen – nach 58,8 Prozent im Gesamtjahr 2017. Seit fünf Jahren sei die Nachfrage die wichtigste Antriebskraft. Konsum reagiere weniger volatil auf äußere Einflüsse als Exporte und Investitionen. Das stabilisiere die Wirtschaft. „Konsum ist der Schlüssel zu unserem Wachstum“, sagte Xing.
Peking setzt auch auf seine Zukunftsindustrien. So ist die Herstellung von Elektro- und Neuen Energiefahrzeugen im ersten Quartal 2018 im Jahresabstand um nicht weniger als 139,4 Prozent gestiegen, bei Industrierobotern gab es ein Plus von 29,6 Prozent.
Frage der Glaubwürdigkeit
Chinas neue Wachstumszahlen lagen über den Erwartungen der Weltbank und selbst chinesischer Medien. Damit stellt sich erneut die Frage nach der Glaubwürdigkeit der allzu oft politischen Zielen dienenden Statistik. So titelte die renommierte finanzpolitische Zeitschrift Caixin noch am Montag: „Es wird erwartet, dass sich das Wachstum im ersten Quartal verlangsamt.“Sie begründete ihre Prognose mit schwächelnden Investitionen. Der Sprecher bestätigte, dass etwa fixe Anlageinvestitionen gegenüber dem Vorjahresquartal um 1,7 Prozent auf 7,5 Prozent gefallen sind. Dafür hätten aber die privaten Investitionen um 8,9 Prozent stark zugenommen.
Staats- und Parteichef Xi Jinping ist auf starke Wirtschaftsergebnisse angewiesen, sowohl für seine Auseinandersetzung mit den USA als auch für seine Reformen. Bei der Boao-Konferenz auf Hainan kündigte er vergangene Woche neue Schritte zur Senkung von Einfuhrzöllen und zur Libera- lisierung an. Xi versprach zudem Auslandsinvestoren faire und gleiche Bedingungen für ihren Marktzugang in China. Das internationale Echo darauf blieb bisher zurückhaltend.
Der Sprecher nannte „Unsicherheiten im internationalen Umfeld“zusammen mit der US-Geldpolitik und Chinas ungleichgewichtiger Inlandsentwicklung als die größten Risiken, die Chinas Volkswirtschaft künftig bedrohen würden. Die USA haben bisher keinen Rückzieher von ihren angedrohten Strafgebühren auf China-Importe im Wert von 150 Milliarden Dollar gemacht. Im Juni sollen sie fällig werden. Peking hat als Vergeltung seinerseits milliardenschwere Strafzölle auf US-Importe aufgeschlagen – von Sojabohnen bis zu Autos und Flugzeugen.
Der schwelende Streit verlagert sich aber auch auf andere Felder. Das US-Handelsministerium sanktionierte am Dienstag einen der größten chinesischen Telekomkonzerne und Smartphonehersteller: ZTE. Laut Bloomberg wurde das Unternehmen vor Jahren wegen seiner Lieferungen von Telekomausrüstungen in den Iran und nach Nordkorea bestraft.
Weil ZTE seinen Verpflichtungen daraus bis heute nicht nachgekommen sei, entschied das Handelsministerium, dem Unternehmen sieben Jahre lang zu verbieten, Telekomtechnologie von US-Unternehmen zu beziehen. Chinas Handelsministerium forderte die USA auf, chinesische Unternehmen fair zu behandeln. Am Dienstag kündigte es zugleich Anti-Dumping-Maßnahmen gegen die Einfuhr von Sorghum (Hirse) aus den USA an. 2017 führte China 4,76 Millionen Tonnen davon ein (2013: 317.000 Tonnen).