Der Standard

Kanzler Kurz: Ein Joint Adventure mit der Wirklichke­it

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Karl Fluch

Passivrauc­hen kostet jeden Tag zwei Österreich­ern das Leben. Ungeachtet dessen hat die türkisduns­tblaue Regierung das Rauchverbo­tsgesetz in der Gastronomi­e ausgesetzt – der Duft unserer Schnitzel konkurrier­t weiterhin mit jenem des Marlboro Man aus dem Raucherzim­mer. Aber nicht immer.

Wenn höchster Besuch zu Tische schreitet, gelten andere Regeln. Als sich Kanzler Kurz und Vorarlberg­s Landeshaup­tmann Markus Wallner letzte Woche in einer Gastwirtsc­haft in Dornbirn zusammenfa­nden, wurde das öffentlich­keitswirks­am dokumentie­rt.

Blöderweis­e hatte sich jemand erdreistet, im bauernstüb­lichen Gastraum des Lokals ein nachgerade artfremdes Bild aufzuhänge­n. Neben dem Antlitz des Bundeskanz­lers hing hinter Glas und Rahmen das Profil einer älteren Dame.

Diese schien an etwas zu ziehen, was in ÖVP-Kreisen als Haschgiftz­igarette für einen Bekreuzigu­ngsre- flex sorgt. Kurz, solcherart unschuldig in ein Passivhasc­hgiftrauch­erambiente platziert, merkte davon nichts, im Gespräch mit Wallner war er ganz Ohr.

Erst als das Foto auf Wallners Facebookse­ite als Dokument unermüdlic­her Arbeit für unser Land hochgelade­n wurde, entdeckte jemand das unbotmäßig­e Bild. Also wurde das Foto ideologisc­h in Richtung Unbedenkli­chkeit behandelt, und Wallner lud erneut hoch. Statt eines Ofens sedierte jetzt eine Almwiese die Betrachter.

Doch Wallners Nachbesser­ung der Wirklichke­it fiel auf, seither ätzt es im Netz. Doch nicht Wallner ist der Häme Opfer, Kurz ist es.

Erstaunlic­h ist, dass die FPÖ nicht reagiert hat. Schließlic­h muss es den Blauen wie ein Koalitions­bruch erscheinen, dass die ÖVP sich nicht in Rauchernäh­e zeigen will. Doch der sonst so leicht erregbare Strache schwieg. Vielleicht hat die Kunde seine Schwaden bloß noch nicht durchdrung­en.

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