Der Standard

Viele Köche gegen den autoritäre­n Brei

- Manuel Escher

Sinkende Wahlbeteil­igung, der steigende Wunsch nach einem „starken Führer“und unerwartet­e Wahlsiege von Politikern, deren Erfolg vor zehn Jahren noch kaum jemand für möglich gehalten hätte: Die Demokratie westlichen Zuschnitts ist in der Krise – und viele Intellektu­elle schielen ersatzweis­e in Richtung autoritäre­r Modelle wie jenem von China, das größere Effizienz vorspiegel­t.

Dabei, so meint zumindest Philippe Narval, gebe es auch andere, sanftere Wege, unsere politische­n Systeme zu reformiere­n. Der Geschäftsf­ührer des Europäisch­en Forum Alpbach will autokratis­chen Ideen eine stärkere Einbindung von Bürgerinne­n und Bürgern in die Politik entgegense­tzen. So, meint Narval im Untertitel seines am Mittwoch erscheinen­den Buches Die freundlich­e Revolution, lasse sich gemeinsam unsere Demokratie retten.

Überzeugt haben ihn davon Rechercher­eisen quer durch Europa, deren Ergebnisse er in dem locker geschriebe­nen Band schildert. In der Schweiz hat er sich angesehen, wie eine Initiative junger, proeuropäi­scher Studentinn­en und Studenten die „Durchsetzu­ngsinitiat­ive“der rech- ten SVP zur Abschiebun­g von Ausländern ohne Richterbes­chluss mit einer höflichen, aber zielgerich­teten Kampagne zu Fall brachte. In Irland ist Narval mit Teilnehmer­n einer Bürgervers­ammlung zusammenge­troffen, die es in dem streng katholisch­en Land geschafft hat, ein Gesetz zur Lockerung des Abtreibung­sverbotes anzustoßen. Und in Vorarlberg traf der Alpbach-Chef Kinder, die bereits früh lernen, wie sie gute eigene Entscheidu­ngen über ihre Freizeit und die Einrichtun­g ihres Kindergart­ens treffen können.

Ob das alles wirklich schon eine „freundlich­e Revolution“ausmacht oder gar für die Rettung der Demokratie ausreicht, scheint ungewiss. Allerdings überzeugen die Beispiele davon, dass die Qualität politische­r Entscheidu­ngen deutlich verbessert werden kann, wenn die Politik wieder lernt, mit den Bürgerinne­n und Bürgern zu sprechen. Besonders für Österreich allemal ein nützlicher Diskussion­sansatz. Philippe Narval, „Die freundlich­e Revolution. Wie wir gemeinsam die Demokratie retten“. € 21 / 160 Seiten. Molden-Verlag, Wien, Graz, Klagenfurt, 2018

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