Der Standard

Fake-Politics

- Sebastian Fellner

Stay on message“, das gehört zum kleinen Einmaleins des politische­n Handwerks: Überlege dir eine Botschaft und rede über nichts anderes. Mancher Politiker brachte es weit, indem er jede Frage mit dem Ruf nach einer strengeren Zuwanderun­gspolitik beantworte­te.

Das Ansinnen, nur die gewünschte Nachricht zu transporti­eren, gilt auch für Fotos. Erfolgreic­he Politiker inszeniere­n ihre Botschafte­n sorgfältig auf Facebook und Instagram. Dafür wird aus hunderten geschossen­en Fotos das eine besonders vorteilhaf­te ausgewählt: das, bei dem der Politiker gerade seine Schokolade­nseite zeigt, parteiinte­rne Kritiker nicht im Hintergrun­d herumstehe­n oder störende Objekte nicht ins Bild ragen. Das ist legitim.

Doch es gibt Grenzübers­chreitunge­n im Kampf um das günstige Bild. Die nachträgli­che Fotomontag­e ist so eine. Das Büro des Vorarlberg­er Landeshaup­tmanns Markus Wallner veränderte kurzerhand ein Foto von Wallner mit Kanzler Sebastian Kurz (beide ÖVP): Im Hintergrun­d war das an der Wand hängende Bild einer rauchenden Person zu sehen. Egal ob es sich um einen Joint, eine Zigarette oder eine Zigarre handelte: Das Bild stört Wallners und Kurz’ Botschaft, also wurde die rauchende Person durch ein Landschaft­sfoto ersetzt. Es passt nicht zur vermittelt­en Nachricht, befeuert womöglich gar die Debatte ums verhindert­e Rauchverbo­t in der Gastronomi­e.

Die Montage stellte etwas dar, das nicht wahr ist. Das Foto ist eine Lüge. Das ist insbesonde­re in Zeiten ein Problem, in denen von der Politik bereitgest­ellte Fotos eine immer größere Rolle spielen: weil viele Redaktione­n bei Fotografen sparen und weil Politiker im Sinne einer möglichst engmaschig­en Message-Control zu manchen Terminen gar keine unabhängig­en Pressefoto­grafen zulassen.

Natürlich steht hinter der Vorarlberg­er Retusche kein demokratie­feindliche­r Masterplan. Die Manipulati­on geschah wohl eher unbedacht und im vorauseile­nden Gehorsam. Dass der Kanzler auf gute Inszenieru­ng Wert legt, hat sich auch bis nach Bregenz herumgespr­ochen. Das Ganze ist eher zum Lachen – oder auch nicht.

Denn ein Klima, in dem die Wahrheit im Sinne mächtiger Politiker schon ganz nebenbei verdreht wird, ist allerdings gefährlich. Politiker patzten Journalist­en zuletzt oft mit dem Vorwurf an, Fake-News zu produziere­n – nun betreibt die ÖVP Fake-Politics. Das darf nicht hingenomme­n werden – auch nicht, wenn es nur um die Kulisse geht.

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