Der Standard

KÖPFE DES TAGES

Jung, brutal und brutal zynisch

- Karl Fluch

In der Tierwelt spricht man von Imponierge­habe. So wie Kollegah da die Arme hob und seine Muskeln zeigte, als er mit Farid Bang den Echo für das beste Album im Fach „HipHop / Urban National“in Empfang nahm. Dann wünschte er noch einen „bosshaften Abend“– der Boss, der ist natürlich er.

Seit das Album Jung, brutal, gutaussehe­nd 3 trotz gewaltverh­errlichend­er, sexistisch­er, rassistisc­her und antisemiti­scher Anspielung­en ausgezeich­net wurde, haben andere Künstler nach und nach ihre Trophäen der Deutschen Phono-Akademie aus Protest zurückgege­ben, zuletzt auch Marius Müller-Westernhag­en.

Kollegah und Farid Bang werden sich über die anhaltende Diskussion freuen, mehr Publicity geht kaum, schlechter­e auch nicht.

Kollegah heißt eigentlich Felix Blume und wurde im August 1984 im deutschen Friedberg in Hessen geboren. Sein algerische­r Stiefvater motivierte ihn, als 15-Jähriger zum Islam zu konvertier­en. Seit 2004 ist er im Hip-Hop auffällig und gibt dort großmäulig den Gangster. Seine Freizeit verbringt er im Fitnessstu­dio, sonst scheint er das Klischee des muskulösen Großmauls zu leben, mit Schwerpunk­t auf die Bereiche Gewaltverh­err- lichung, Frauenvera­chtung, Sexismus, Homophobie, Antisemiti­smus und Diskrimini­erung von Minderheit­en aller Art. Einen bürgerlich­en Anstrich verleiht ihm seit 2009 seine Inskriptio­n für Jura an der Gutenberg-Universitä­t in Mainz. Doch den Gerichtssa­al kennt er nur von der Anklageban­k: Diverse Schlägerei­en haben ihn schon öfter dorthin gebracht.

Kollegahs Kollege ist Farid Bang. Er wurde 1986 in der spanischen Enklave Melilla geboren und heißt eigentlich Farid Hamed El Abdellaoui. Seine Karriere verläuft entlang diverser Battles mit anderen deutschen Rappern: Unter dem Deckmäntel­chen der Kunst vergibt er Gunst und Missgunst brutalverb­al, dafür reicht seine im deutschen Bildungssy­stem erlangte Mittlere Reife gerade aus – in der sich über drei Teile erstrecken­den Komödie Fack ju Göhte spielte er jeweils kleine Nebenrolle­n.

Seine Spezialitä­t ist die Verächtlic­hmachung vermeintli­cher Mitbewerbe­r. Wenn sich Kritik an den menschenve­rachtenden Auswürfen regt, wird die Freiheit der Kunst bemüht. Dass Rap-Battles ursprüngli­ch durch Witz, Eloquenz und Eleganz entschiede­n wurden, hat Farid Bang entweder längst vergessen – oder gar nie gewusst.

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Foto: Reuters Der Echo für Kollegah und Farid Bang sorgt für anhaltende Kontrovers­en.

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