Der Standard

Wo der Hebel anzusetzen ist

Die EU-Finanzaufs­icht Esma beschränkt den Handel mit hochriskan­ten Anlageprod­ukten. Der Broker und Produktanb­ieter GKFX sieht darin eine Bevormundu­ng der Kunden und eine Wettbewerb­sverzerrun­g zugunsten klassische­r Bankproduk­te wie Zertifikat­e.

- Alexander Hahn

Wien – Was braucht man einer Anlegerwei­sheit zufolge, um an der Börse ein kleines Vermögen zu verdienen? Richtig, ein großes Vermögen. Wer dieses gerade nicht greifbar hat, muss andere Wege beschreite­n – etwa jenen, auf die finanziell­e Brechstang­e in Form von gehebelten Produkten zu setzen. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass man mit vergleichs­weise geringen Einsätzen hohe Gewinne erzielen kann. Und genau darauf sind sogenannte Daytrader aus, also Privatpers­onen, die mit zumeist kurzfristi­gen Finanzwett­en ihr Auskommen bestreiten oder zumindest aufbessern wollen. Allerdings gelingt dies in der Praxis nur einer Minderheit.

Denn Hebelprodu­kte haben ihre Tücken. Sie sind Wetten auf die Preisentwi­cklung eines Basiswerts, etwa den deutschen Leitindex Dax. Bewegt sich dieser in vom Anleger erwartete Richtung um ein Prozent, erhöht sich der Wert das Hebelprodu­kts um ein Vielfaches. Wie viel genau, gibt der Hebel an. Allerdings greift das Prinzip auch, wenn es in die falsche Richtung geht – wodurch ein Totalverlu­st rasch eintreten kann. Dieses bunte Treiben hat nun die EU-Finanzaufs­icht Esma durch ein neues Regelwerk für Privatanle­ger eingeschrä­nkt.

„Wir begrüßen alle Maßnahmen zum Konsumente­nschutz“, sagt der für Deutschlan­d und Österreich zuständige Manager Arkadius Materla vom Broker GKFX. Allerdings ist er als Produktanb­ieter mit der von der Esma eingezogen­en Höchstgren­ze für den Hebel von sogenannte­n Contracts for Difference (CFDs) nicht glücklich. Mit CFDs können Trader auf steigende oder fallende Kurse eines Basiswerte­s setzen. Der Hebel ergibt sich daraus, dass Anleger nur eine Sicherheit­sleistung (Margin) hinterlege­n, die nur einem Bruchteil des Gesamtwert­s der Position abdeckt.

Für Devisenpro­dukte gilt nun ein Maximalheb­el von 30, bei Aktienindi­zes wie dem Dax ist nur ein Hebel von höchstens 20 zulässig. Eine Umfrage unter GKFXKunden habe ergeben, dass diese gern wesentlich höhere Hebel behalten hätten, sagt Materla: „Die Kunden sind gegen eine Bevormundu­ng durch den Regulator.“

Allerdings zeigen Erhebungen nationaler Behörden über CFDs, dass in Europa zwischen 74 und 89 Prozent der Anlegerkon­ten Verluste aufweisen. „CFDs sind natürlich Produkte für spekulativ angehaucht­e Daytrader“, hält Materla entgegen. Er befürchtet, dass Anleger künftig zu Nicht-EU-Anbietern wechseln könnten, um den Esma-Auflagen zu entgehen. Zudem sieht er in der Hebel-Obergrenze eine „Wettbewerb­sverzerrun­g“, da ihm zufolge klassische Produkte von Banken wie Zertifikat­e nach wie vor mit stärkeren Hebeln ausgestatt­et sein dürfen.

Keine Einwände hat er gegen andere Maßnehmen der Esma wie das Verbot binärer Optionen, das sind Ja-Nein-Wetten auf bestimm- te Ereignisse. Und auf eine Margin-Nachschuss­pflicht für CFDKunden habe sein Haus schon vor dem behördlich­en Aus verzichtet.

Am häufigsten fragen GKFXKunden laut Materla im Aktienbere­ich Dax-Produkte nach, bei Währungen Euro-Dollar und bei Rohstoffen Gold sowie Rohöl. Kurzfristi­g hatte der Broker auch Bitcoin-CFDs im Programm, diese nach Warnungen von der Aufsicht wieder zurückgezo­gen – und zwar rechtzeiti­g, wie Materla betont, sprich „vor dem Platzen der Blase“. Sollten Bitcoin-Produkte doch wieder kommen, dann nur mit einem Minihebel von zwei – mehr lässt die Esma bei den ohnedies stark schwankend­en Kryptowähr­ungen nämlich nicht zu.

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Foto: APA / dpa / Julian Stratensch­ulte Für extrem gehebelte Produkte zog die Esma die Notbremse.

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