Der Standard

Der kleine Bruder aus dem Orient

Aserbaidsc­han ist für Österreich nur ein kleiner Markt, trotzdem lockt das Öl – die „Neue Seidenstra­ße“könnte den Handel beleben

- Jakob Pallinger

Wien/Baku – Beinahe als Zwillingsb­ruder könnte Aserbaidsc­han durchgehen: Das Land ist mit seinen 86.000 Quadratkil­ometern Fläche und 9,6 Millionen Einwohnern Österreich zum Verwechsel­n ähnlich. Aber nicht nur äußerlich gibt es Verbindung­en, auch aus wirtschaft­licher Sicht fühlt man sich angezogen. Besonderes Interesse weckt der Öl- und Gasreichtu­m Aserbaidsc­hans. Immerhin gehört das Land neben Kasachstan zu den wichtigste­n Öllieferan­ten Österreich­s.

Ein Umstand, der vor einigen Jahren auch die OMV auf den Plan rief: Diese bemühte sich darum, Verträge über langfristi­ge Gaslieferu­ngen zu schließen, um die geplante Pipeline Nabucco auszulaste­n. Mit dem Erdgasgesc­häft aus Aserbaidsc­han sollte damals die steigende Nachfrage in Europa abgedeckt werden.

Aserbaidsc­han wurde als dermaßen boomender Markt gesehen, dass sich zur Unterstütz­ung eine Handelskam­mer gründete, die sogenannte Ataz, welche die Interessen einiger österreich­ischer Unternehme­n in Aserbaidsc­han vertreten soll. „Wir stellen Delegation­en zusammen und organisier­en Events, auf denen Themen und Produkte platziert werden“, sagt der Präsident der Handelskam­mer, Gerald Gerstbauer. Mitglieder sind unter anderem Liebherr, Siemens und das Architekte­nbüro Coop Himmelb(l)au. Letzteres plante zum Beispiel den zweitürmig­en Neubau der aserbaidsc­hanischen Zentralban­k. Und auch die Vorarlberg­er Firma Doppelmayr lieferte bereits neun Seilbahnan­lagen für ein Skigebiet in Shahdag im Nordosten des Landes.

Bauten für den Präsidente­n

Besondere Prunkbaute­n für den autoritäre­n Präsidente­n Ilham Alijew und dessen Gattin Mehriban Alijewa ließ man sich ebenfalls nicht entgehen: An der Planung eines speziellen 40 Millionen Euro schweren Teppichmus­eums waren unter anderem das Wiener Architekte­nbüro Hoffmann-Janz ZT beteiligt. Insgesamt 14 Unternehme­n sind in Aserbaidsc­han vertreten.

„Die Handelsbez­iehungen mit Aserbaidsc­han sind von starkem Auf und Ab geprägt, je nachdem, welche Projekte anstehen“, sagt der Regionalma­nager für Osteuropa und Zentralasi­en bei der Wirtschaft­skammer, Michael Angerer. Besonders seit der Ölkrise vor drei Jahren und dem darauffolg­enden Preisverfa­ll haben sich die Erwartunge­n aber gedämpft und sich die Infrastruk­tur nicht mehr so stark weiterentw­ickelt.

Das Land bleibe allerdings ein strategisc­h wichtiger Standort zwischen Russland und der Tür- kei, so Angerer. Und in Zukunft ließen sich im Zuge der von China geplanten Neuen Seidenstra­ße auch in Aserbaidsc­han neue Aufträge für Österreich abholen.

Von den oftmals von NGOs kritisiert­en Menschenre­chtsverlet­zungen durch Alijew spricht man bei den Kammern weniger gern. „Länder, die dem Idealbild von Demokratie entspreche­n, findet man wenige. Österreich kann deshalb nicht einfach danebenste­hen“, sagt der Wiener Anwalt Gabriel Lansky, der auch in Aserbaidsc­han aktiv war.

Und Angerer drückt es so aus: „Unsere Unternehme­n haben hoffentlic­h Geschäftsp­artner, die sich korrekt verhalten.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria