Der Standard

Zu spät, zu lasch

- Thomas Mayer

So ganz überzeugen­d klang Frans Timmermans nicht, als er bei der Präsentati­on des Gesetzesen­twurfs zum Schutz von Whistleblo­wern gefragt wurde, wieso die EU-Kommission so lange gebraucht habe, um erste konkrete Vorschläge auf den Tisch zu legen.

Die Sache sei eben inhaltlich und rechtlich sehr komplizier­t. Es sei lange nicht klar gewesen, auf welcher Rechtsbasi­s man überhaupt tätig werden solle, antwortete der Grundrecht­ekommissar. Und das Kollegium sei sich erst nach den jüngsten Skandalent­hüllungen – unter anderem bei Facebook – und nach den Morden an Aufdeckerj­ournaliste­n in Malta und in der Slowakei relativ sicher, im EUParlamen­t eine Mehrheit für die Richtlinie zu finden.

Das klingt weder schön noch gut – und reicht nicht als Begründung. Das EU-Parlament hatte eine Initiative bereits im Jahr 2013 gefordert, also noch in der Amtszeit der alten Kommission von José Manuel Barroso, vor den Enthüllung­en zu Luxleaks. Seither schlief das Projekt.

Es jetzt auf die Tagesordnu­ng zu bringen, dient wohl vor allem dazu, dass die Juncker-Kommission erhöhte Aktivität zu demonstrie­ren sucht, bevor sie zur Lame Duck wird: In einem Jahr gibt es Europawahl­en. Zieht man Sommerpaus­e und Wahlkampf ab, bleiben nurmehr ein paar Monate zur Erarbeitun­g dieser komplexen EU-Richtlinie.

Das ist leider sehr wenig, wenn jemand diese wichtige Angelegenh­eit zum Scheitern bringen möchte. Und es gibt einige Regierunge­n, denen der bessere Schutz von Skandalauf­deckern kein Herzensanl­iegen ist – nicht nur in Malta und Bratislava. Aber man soll die Hoffnung nicht aufgeben. Die Absicht ist nobel. Die Kommission hat zumindest auf dem Papier eindeutig deklariert, wie sie das Enttarnen von Verstößen und Missbräuch­en durch Insider sieht: als etwas sehr Wünschens- und Schützensw­ertes. Es sollte übrigens intern auch für sie selbst gelten.

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