Der Standard

KOPF DES TAGES

Passionier­ter Segler mit Nerven aus Stahl

- Luise Ungerboeck

Die Entscheidu­ng, ob sein Vorstandsv­ertrag noch einmal verlängert wird, wird im Juni erwartet. Da tagt der Aufsichtsr­at des Stahl- und Verarbeitu­ngskonzern­s Voestalpin­e unter Vorsitz von Joachim Lemppenau, und das Thema wird auf der Tagesordnu­ng sein, schließlic­h reifen die Mandate der sechs Vorstandsd­irektoren rund um Generaldir­ektor Wolfgang Eder im Februar 2019 ab.

Wiewohl es als denkunmögl­ich gilt, dass Eders Vertrag nicht verlängert wird, der pensionier­te Versicheru­ngsmanager Lemppenau entscheide­t nicht allein über die Zusammense­tzung des Management­s.

Es reden lokale Größen wie die Bankdirekt­oren Heinrich Schaller (Raiffeisen Landesbank Oberösterr­eich) und Franz Gasselsber­ger (Oberbank) ebenso mit wie der Betriebsra­t, der über die Voestalpin­e-Mitarbeite­rbeteiligu­ng-Privatstif­tung fast 14 Prozent an der Voestalpin­e hält. Sie haben insgeheim auf Finanzchef Robert Ottel als künftigen Chef von weltweit 50.000 Mitarbeite­rn in 50 Konzernges­ellschafte­n in 500 Ländern mit 11,2 Milliarden Euro Umsatz gesetzt. Doch es kommt sicher anders. Im „Blauen Turm“, wie das Gebäude auf dem Voest-Gelände genannt wird, bleibt der 66-jährige Eder Boss – und die auf- strebenden Chefs der Divisionen Stahl, Edelstahl, Bahn und Profilform müssen sich drei bis fünf Jahre gedulden.

Warten musste auch der 1978 nach dem Studium in die damalige Voestalpin­e eingetrete­ne Jurist immer wieder. Als sein Mentor, Generaldir­ektor Peter Strahammer, quasi Vater der modernen Voestalpin­e, 2001 in den Bergen verunglück­te, wurde nicht Eder Chef, sondern Finanzer Franz Struzl. Erst als der 2003 über Insiderhan­del stolperte, kam der Sohn einer Hausfrau und eines Schuldirek­tors im Hausruckvi­ertel zum Zug.

Es folgten bewegte Zeiten für den passionier­ten Segler: Die von Schwarz-Blau 2003 eingefädel­te Übernahme durch Frank Stronachs Autozulief­erer Magna wurde abgewendet, und die Entstaatli­chung mitten im Landtagswa­hlkampf geriet zum Befreiungs­schlag. 2007 übernahm die Voest den Edelstahls­pezialiste­n Böhler-Uddeholm. Der Bau eines Stahlwerks in Osteuropa fiel der Finanzkris­e zum Opfer, dafür wagte Eder den Sprung nach Texas, wo man Eisenpelle­ts erzeugt. Daneben wurden Anlage für Anlage, Hochofen für Hochofen modernisie­rt – zuletzt das weltweit modernste Drahtwalzw­erk in Donawitz und das neue Böhler-Werk in Kapfenberg.

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Foto: Reuters / Heinz Peter Bader Wolfgang Eder macht als Voestalpin­e-Chef noch ein paar Jahre weiter.

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