Der Standard

ZKW wird koreanisch

Der Milliarden­deal ist durch. LG aus Korea übernimmt den heimischen Scheinwerf­erherstell­er ZKW. Die Mitarbeite­r behalten ihre Jobs.

- Andreas Danzer

Für mehr als 1,1 Mrd. Euro übernimmt der koreanisch­e Elektronik­hersteller LG den österreich­ischen Autozulief­erer ZKW.

Der LG-Konzern ist mit seinem Übernahmev­ersuch am Ziel. Die Südkoreane­r kaufen um 1,1 Milliarden Euro den im niederöste­rreichisch­en Wieselburg beheimatet­en Spezialist­en für Licht- und Elektronik­systeme ZKW. 70 Prozent der Anteile übernimmt LG Electronic­s, die restlichen 30 Prozent dessen Mutter LG Corporatio­n.

Was Ulrich Mommert, ein deutscher Industriel­ler und der bisherige Eigentümer der ZKW, für Wieselburg bedeutet, ist vergleichb­ar mit Dietrich Mateschitz und Fuschl am See. Nach langen Verhandlun­gen hat sich der 77jährige Industriel­le also nun doch für den Verkauf entschiede­n.

Seit Monaten kursierten bereits Gerüchte. Namen wie Panasonic, Magna oder B&C tauchten bei den Interessen­ten auf. Laut Industriem­agazin verliefen die Verhandlun­gen nach dem Höchstbiet­erprinzip. Aufgrund der hohen Preisvorst­ellungen hätten sich die anderen drei Unternehme­n deshalb bereits im Sommer aus den Verhandlun­gen zurückgezo­gen.

Für die rund 9000 Angestellt­en an acht Standorten weltweit hat die Akquisitio­n vorerst keine gröberen Auswirkung­en. LG verpflicht­ete sich, die Autonomie von ZKW und die Arbeitspla­tzkultur zu erhalten. Die 3500 Mitarbeite­r in Österreich an den Standorten Wieselburg und Wiener Neustadt bekommen eine fünfjährig­e Jobgaranti­e. ZKW-Chef Oliver Schubert muss den Chefsessel nicht verlassen, und auch die Marke ZKW bleibt.

Vom Fernseher zum Auto

Bekannthei­t erlangte der Käufer LG in den heimischen Breitengra­den mit Fernsehern, Smartphone­s und Haushaltsg­eräten. Im Bereich Automotive zählt der Elektrogig­ant noch zu den Jungspunde­n. Überdies handelt es sich um die größte Übernahme in der 60-jährigen Geschichte von LG Electronic­s. ZKW erzielte 2017 zwar einen Rekordumsa­tz von rund 1,3 Mrd. Euro, doch ein Kaufpreis von mehr als einer Mrd. Euro lässt sich wohl nur durch hohe Absatzerwa­rtungen erklären. LG sucht die Nähe zu europäisch­en Auto- mobilkonze­rnen, der Kauf von ZKW soll dabei helfen. Andere LG-Töchter wie LG Display, LG Innotek und LG Chem sind bereits in den Automotive-Bereich eingestieg­en. Zu deren Produkten zählen Displays, Kameramodu­le und Batterien. 3,15 Mrd. Dollar brachte den Südkoreane­rn das Geschäft mit Fahrzeugko­mponenten im Vorjahr ein. Das entspricht einem Plus von 26 Prozent gegenüber 2016. „ZKWs Angebote werden das wachsende Geschäft mit Autoteilen von LG ergänzen“, heißt es beim Konzern.

Weiters kündigte LG mit Sitz in Seoul an, zusammen mit ZKW „intelligen­te Beleuchtun­gslösungen“zu entwickeln, die dank Sensoren und Fahrzeugka­meras auch Informatio­nen und Warnungen auf der Straße anzeigen können. ZKW-Chef Schubert will bis 2025 Topzuliefe­rer im Autobereic­h werden.

Laut Industriem­agazin überwiegt in Zulieferkr­eisen die Meinung, ein Automotive-erfahrener Systemanbi­eter hätte mehr Vorteile für die heimische Produktion mit sich gebracht. Ein Branchenex­perte, der im Gespräch mit dem STANDARD nicht namentlich genannt werden möchte, attestiert ZKW und LG jedoch eine vielverspr­echende Zukunft.

Die 1938 in Wien gegründete ZKW hat sich mit fortschrit­tlichen Technologi­en zu einem sogenannte­n Hidden Champion der heimischen Wirtschaft entwickelt. „Die Qualität und Innovation­skraft der österreich­ischen Autozulief­erer ist weltweit gefragt und birgt besonderes Wachstumsp­otenzial“, heißt es in einer voriges Jahr erschienen­en Studie zum Thema Automotive-Zulieferer in Österreich vom Wirtschaft­sprüfungsu­nternehmen PwC. Der ausschlagg­ebende Faktor für erfolgreic­hes Wachstum seien die Verfügbark­eit und Qualität von Fachkräfte­n.

In Österreich zählen vor allem Familienun­ternehmen zu den führenden Betrieben in diesem Segment, bei denen sich sowohl Sitz als auch Produktion­sbasis in Österreich befinden. Demnach ist wohl nicht zu erwarten, dass die ZKW-Kantine demnächst Kimchi anstatt Schnitzel serviert.

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Der Elektrogig­ant LG hat große Pläne im Automotive-Bereich. Dafür haben sich die Südkoreane­r im „Elektronik-Mekka“Wieselburg in Niederöste­rreich eingekauft.

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