Der Standard

Angela Merkels Mission in Washington

Nach Emmanuel Macron verhandelt nun Deutschlan­ds Kanzlerin mit Donald Trump

- Gerald Schubert

Washington/Berlin/Wien – Der äußere Rahmen des Besuchs passt perfekt zum Image der Bundeskanz­lerin: Wenn Angela Merkel heute, Freitag, in Washington mit US-Präsident Donald Trump zusammentr­ifft, dann ist nüchterne Sachlichke­it angesagt. Wenigstens im Vergleich zum soeben erst zu Ende gegangenen Staatsbesu­ch von Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron, der dort – vor der Kulisse höchster protokolla­rischer Ehren – auch seine viel beachtete Männerfreu­ndschaft mit Trump zur Schau stellte.

Drei Tage hatte Macrons Visite in Washington gedauert. Für den Arbeitsbes­uch von Merkel sind gerade mal drei Stunden anberaumt. Doch bei allen äußeren Unterschie­den: Inhaltlich haben Macron und Merkel, die derzeit wohl wichtigste­n Führungsfi­guren in der EU, ihre Reisen natürlich koordinier­t – vor allem in der Handelspol­itik und beim IranAtomde­al. Die wichtigste­n Themen im Gepäck Angela Merkels:

Handelskri­eg Berlin hat massives Interesse daran, dass Stahl und Aluminium aus der EU weiterhin von den neuen US-Zöllen ausgenomme­n bleiben. Eine entspreche­nde Sonderrege­lung könnte mit 1. Mai auslaufen. Kurz vor Merkels Abreise hat der Bundesverb­and der Deutschen Industrie (BDI) noch einmal Druck gemacht: Merkel müsse Trump darauf hinweisen, dass Angriffe auf den Freihandel Arbeitsplä­tze auf beiden Seiten des Atlantiks gefährdete­n.

QNord Stream 2 Merkel will die US-Kritik am Bau der Gaspipelin­e Nord Stream 2 eindämmen. Diese soll zusätzlich­es russisches Gas durch die Ostsee nach Westeuropa pumpen. Polen und die Ukraine fürchten um ihre Transitein­nahmen und hoffen auf Unterstütz­ung aus Washington. Berlin will gegensteue­rn und Investoren für die Modernisie­rung ukrainisch­er Pipelines gewinnen. Die USA haben aber einen weiteren Grund, um gegen Nord Stream 2 zu sein: das eigene Interesse am Export von Flüssiggas nach Europa.

QIran-Deal Ähnlich wie zuvor bereits Emmanuel Macron will auch Angela Merkel in Washington für den Fortbestan­d des Iran-Atomdeals werben. Donald Trump hat bereits mehrmals gedroht, aus dem gemeinsame­n Abkommen auszusteig­en, während man in Europa auf dessen Sinnhaftig­keit pocht. Auch in Berlin gilt: Der Deal verhindere, dass der Iran Atomwaffen herstellt, die Lockerung der Sanktionen sei dadurch gerechtfer­tigt.

QNato Washington kritisiert die mangelnde Bereitscha­ft der meisten europäisch­en Länder, darunter Deutschlan­d, das ZweiProzen­t-Ziel der Nato bei den Verteidigu­ngsausgabe­n tatsächlic­h umzusetzen. Ausgerechn­et am Wochenende vor Merkels US-Besuch kursierte in Berlin eine Liste mit milliarden­schweren Beschaffun­gsvorhaben des Verteidigu­ngsministe­riums. Beobachter sehen das als Signal an Trump, dass Deutschlan­d sich dem Zwei-Prozent-Ziel zumindest annähern möchte.

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