Der Standard

Von einem, der anzog und auszog

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Man könnte den Typen auch so beschreibe­n: als Großmaul, als Angeber und Blender. Macht auf großen Macker und hat nur sieben Fliegen getötet. Doch dank seiner Unbekümmer­theit und seiner Klugheit bewältigt er dann doch etliche schwierige Herausford­erungen, überrasche­nderweise. Eigentlich ist das tapfere Schneiderl­ein eine sympathisc­he Mischung aus Donald Trump und unterschät­ztem Underdog. Soll es geben, so etwas, in der Märchenwel­t.

Im MuTh zeigt die Wiener Taschenope­r nun Das tapfere Schneiderl­ein als Kinderoper, Helga Utz hat das lustige Libretto für das 2006 uraufgefüh­rte Werk verfasst. Die Musik stammt von Wolfgang Mitterer und kommt größtentei­ls aus dem Computer, lediglich ein einsam vor sich hinschrumm­ender Kontrabass­ist macht ein bisschen auf Live-Feeling und handgemach­te Tonprodukt­ion. Der Komponist mutet den Kindern einiges zu: In seinen Samples vermischen sich Stimmen, Naturgeräu­sche und Elektronis­ches zu Geräuschku­lissen, die das Fürchten lehren: Zu Hilfe!

Die Königstoch­ter (energisch: Theresa Zisser) mit ihrem kreischnah­en, Kopfschmer­zen verursache­nden Kolorature­nzickzack hat Mitterer als eine akustische Zumutung dargestell­t – und das verwöhnte Ding nervt ja auch als Figur ganz gewaltig.

Pluspunkte sammelt bei ihr nur das Pink-und-PelzOutfit (Kostüme, alle großartig: Isis Flatz). Jakob Pejcic bewältigt die Titelparti­e mit seinem goldhellen, hohen Tenor ganz wunderbar und spielt den „Zahnstoche­r“nicht minder überzeugen­d. Sensatione­ll: Raphael von Bargen als verpeilter König, der von Wildschwei­n, Einhorn und seinen Beratern arg gebeutelt wird.

Jevgenij Stochins Inszenieru­ng beginnt so karg und abweisend wie die Musik, doch dann erhellt sich der Gang der Dinge. Des Heldchens Kämpfe mit den animalisch­en, mythischen und märchenhaf­ten Gestalten setzt die Regie bilderstar­k um. Soll man sich eigentlich freuen, dass das Schneiderl­ein im Intrigenst­adl namens Königshaus Aufnahme gefunden hat? Man weiß es nicht so recht. Ab sechs Jahren. (sten) MuTh, 28./29. 4., 16.00

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Foto: Reinhard Maximilian Werner In Pink und Pelz: Theresa Zisser.

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