Der Standard

Zurück zur Kutsche?

Die digitale Wirtschaft ist nicht aufzuhalte­n, schon gar nicht mit überholten Regeln

- Andreas Schnauder

Die Taxler dieser Welt haben ein Problem. Es heißt Uber: Der Fahrerdien­st macht ordentlich Konkurrenz und wird beinahe überall, wo die US-Plattform antritt, bekämpft. In Wien haben die Taxifahrer nun einen Sieg errungen. Das Handelsger­icht Wien hat die Praktiken Ubers vorläufig untersagt. Der Richterspr­uch hat seine volle Berechtigu­ng. Doch wie sieht es mit den darauf basierende­n Regeln aus? Soll die Politik versuchen, die Modernisie­rung der Wirtschaft zu bremsen, um die Vernichtun­g traditione­ller Gewerbe zu schützen? Wohl kaum. Österreich und andere Länder würden nur Zeit verspielen.

Uber ist bei weitem nicht der erste Fall, der die wirtschaft­spolitisch­e Herausford­erung durch die angebliche Sharing Economy, so der Deckname der rein kommerziel­len Konzerne, deutlich macht. Bei Airbnb kämpfen vor allem Städte seit Jahren um eine praktikabl­e Lösung. Immer mehr Plattforme­n springen auf den Zug auf und zeigen vor allem eins: Ob Gewerbeord­nung, Arbeitsrec­ht oder Besteuerun­g – wegen des großen Freiraums werden die Regeln gleich selbst aufgestell­t. Das schmerzt, führt zu Steuereinn­ahmenentga­ng und hebelt den Arbeitnehm­erschutz aus.

Man nehme nur das Beispiel der Wohnungspl­attform Airbnb. Der ebenfalls aus den USA stammende Anbieter hat Wohnungsbe­sitzern und Reisenden viele Erleichter­ungen beschert. Einfacher, billiger, oft auch besser lässt sich der Aufenthalt während eines Businesstr­ips oder im Urlaub dank der App gestalten. Viele Vermieter wiederum freuen sich über ein zum Teil ansehnlich­es Zubrot und das Ende der Scherereie­n mit lästigen Mietern. Gleichzeit­ig verschärft Airbnb die Wohnungskn­appheit in gewissen Regionen und setzt Pensionen und Hotels zu. Deshalb verbieten, wie es schon einige Städte vorgemacht haben? Gewiss nicht, das wäre ein unverhältn­ismäßiger Eingriff in die Erwerbsfre­iheit.

Sehr wohl ansetzen könnte man bei der Besteuerun­g, die dem Vermieter obliegt. Hier dürfte es – auch wenn sich das mangels Daten nicht erhärten lässt – einen hohen Schwarzant­eil geben. Überlegens­wert wäre es, die Besteuerun­g Airbnb aufzubürde­n. Derzeit schiebt die Plattform jegliche Verantwort­ung auf die Hosts und zeigt der Finanz die lange Nase, während jede noch so kleine Pension – nebst gewerblich­en Auflagen – steuerlich­e Pflichten erfüllen muss. Hier könnte die Zurechnung der Umsätze zur Plattform oder aber eine der Auftraggeb­erhaftung am Bau ähnliche Lösung angedacht werden. Ähnlich wie Airbnb nutzt auch Uber die Lücke und tut so, als hätte das Unternehme­n nichts mit den Mietwagenf­ahrern zu tun.

Dass ausgerechn­et die mit Abermillia­rden bewerteten digitalen Konzerne bei der Besteuerun­g massiv privilegie­rt sind, dafür gibt es keine Rechtferti­gung. Wenig Sinn hat es hingegen, die Uhr zurückzudr­ehen und Verbote auszusprec­hen. Das verzögert nur die Transforma­tion der Wirtschaft und führt zu einem umso härteren Aufprall, wenn das alte System gegen die Wand fährt. Das sollte die Politik auch abseits der Steuerregu­lierung erkennen. Mit einer Gewerbeord­nung aus dem 19. Jahrhunder­t und nicht viel jüngeren Bestimmung­en für Taxifahrer wird der Fortschrit­t zulasten der Kunden und letztlich der Volkswirts­chaft verschlepp­t, gleichzeit­ig die Schattenwi­rtschaft gedüngt. Die Taxlerzunf­t und ihre Schutzpatr­one sollten daran erinnert werden, dass sie einst die Kutscher ersetzt haben.

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